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Die schönsten Punkte der Welt - eine Danksagung an unsere Entbindungsstation

Eine Tafel voller farbiger Punkte in einer Entbindungsstation – auf den ersten Blick sehr profan. Und verändert jeder dieser Punkte das Leben eines Paares grundlegend, wie Andreas Clevert lernte und am eigenen Leib erfahren durfte.

Es ist eine Tafel. Abwischbar. Nichts Besonderes. Ein Kalendergitter für Monate und Tage. Wahrscheinlich von einem Hersteller für Büromaterial. Nichts, was man beachtet. Nützliches Kleinteil vielleicht im Arbeitsalltag. Und doch. Auch heute noch weine ich Freudentränen, wenn ich an diese Tafel denke.
Ich habe sie kennengelernt, diese Tafel, bei dem einen oder anderen Geburtsvorbereitungskurs in unserem Krankenhaus. Geburtsstation. Am Anfang mag ich sie vielleicht nicht beachtet haben. Aber irgendwann im Vorbeilaufen wurde mir klar: Das Gitter, das sich da nach und nach mit Punkten füllte, rote und blaue, manchmal zwei oder gar drei mit einem Extrakreis* versehen, dieses Gitter würde mal auch mit unserem Punkt versehen werden. Und ab diesem Punkt würde für uns alles anders werden. Vom Paar zu Eltern. Von Zweisamkeit zu Dreisamkeit. Von nächtlichen Parties zu täglichen Spaziergängen mit dem Kinderwagen.

 

Wenn ich Geburtshelfer wäre, wäre diese Ansammlung von Punkten ein Hinweis darauf, ob meine letzte Schicht mal wieder stressig war, besonders stressig, oder ruhig. Ja, es gab auch ganze Tage ohne Punkte. Unsere Hebamme meinte, wenn es gewittert, dann gäbe es immer viele Punkte. Ich weiß es nicht.

Jeder Punkt ein neues Leben

Mich jedenfalls lässt dieses Bild vor Freude das Herz ein wenig schneller schlagen. Und heute, ein paar Jahre und sicherlich viele Punkte später, frage ich mich, was aus dem ein oder anderen Punkt dieser Nacht so geworden ist: Blau für rotzfrecher Zweitklässler, Ritter, oder stiller Zeichner. Rot für eine Prinzessin, eine super Ballerina oder eine wilde Piratin. Und ich freue mich still für alle diese Punkte.

Und auch wenn ich weiß, dass diese Punkte Jahr für Jahr wieder abgewischt werden, stelle ich mir doch vor, dass sie in den Herzen aller Hebammen, Ärzte und Schwestern des Kreissaals in Erinnerung bleiben. Ihnen helfen, Tag für Tag ihre wunderbare, schöne, manchmal auch schwierige Arbeit immer wieder aufs Neue anzugehen. Ihnen Kraft und Geduld geben, uns Paare behutsam in die wunderbare Welt der Elternschaft zu begleiten.

*Wer selbst eine Hausgeburt hatte oder falls in seinem Krankenhaus die Dinge anders geregelt waren: die Kreise umfassten in diesem Fall die Zwillinge und Drillinge...

 

zum Autor:
Andreas Clevert, Jahrgang 1970, ursprünglich aus Esslingen stammend, lebt mit seiner spanischen Frau und seinen drei Jungs/Söhnen  (*2008, *2010 und *2013) in Bonn. Mehr von seinen Erlebnissen lesen Sie unter www.vaterdasein.wordpress.com

… und für alle, die es ganz genau wissen möchten – die Tafel hängt in der Uniklinik in Bonn.