Punk is not dead – er lebt in meinem Kind weiter

Es gibt Kinder, die sind von Natur aus folgsam, reinlich und brav. Und es gibt solche, die unangepasst, wild, laut und wenig reinlich sind. Lilly, die Tochter unseres Autors, ist so ein Kind. Er erkennt in ihrem Verhalten deutliche Parallelen zur Punkbewegung . Die Kleine fordert ihre Eltern heraus – aber würde er es anders haben wollen?

Unsere Tochter Lilly ist überaus fasziniert von dem, was aus ihrer Nase herauskommt. „Popel“ war eines ihrer ersten Worte. Akribisch zwirbelt sie die Kügelchen zwischen ihren Fingern und bietet sie dann ihren Eltern oder anderen Vertrauenspersonen zum Ablegen an. Das tut sie auch gern in aller Öffentlichkeit.

Unser Kind lebt Non-Konform und lehnt sich gegen Regeln auf

Jedes Mal, wenn ich einen Artikel lese, wie angepasst die Jugend von heute sei, denke ich daran, dass die Autoren nicht von unserem Kind reden können. Unsere Kleine lebt die Non-Konformität, die Auflehnung gegen Regeln – und das als Zweijährige! Ich frage mich, wie es uns Eltern je gelingen soll, sie irgendwann wieder „einzufangen“.

Weitere Beispiele gefällig?

  • Das Lieblingswort unserer Tochter ist „nein“ – und wir hören es sehr oft.
  • Mit der Lautstärke, in der sie ihre Wünsche – oder mehr noch Ablehnung – kundtut, könnte sie Locker in einem Fußballstadion die Fangesänge anführen – ganz ohne Megafon.
  • Unsere Kleine hat einen Hang zum Exhibitionismus. Gerne zieht sie ihr Shirt hoch und zeigt ihren Bauch (und auch die Brust). Nur die Windel verhindert noch drastischere Zurschaustellungen.
  • Sie hat zur Zeit eine Faszination mit „Pippi“ und erzählt auch häufig davon. Wenn wir das als Erwachsene täten würden wir sicher als verhaltensauffällig gelten.
  • Bei den teils heftigen Liebesbeweisen unserer Kleinen – Küsse mit Kopfstoß – wäre ich mir sicher, sie würde auch im wildesten Pogo mithalten können.
  • Lilly hat ein seltsames Verständnis vom Konzept des „Eigentums“. Das Eigentum Dritter wird nicht respektiert und im Zweifel ist ohnehin alles „MEINE“.
  • Ordnung? Der natürliche Feind unserer Tochter – ein leerer Boden oder Raum MUSS mit Spielsachen besetzt werden.
  • Auch die Einstellung von Lilly zum Thema Sauberkeit ist gewöhnungsbedürftig. Das zeigt sich vor allem beim Essen. Bestimmt die Hälfte der Nahrung ist am Ende der Essenszeiten auf an Kleidung, Händen oder auf dem Boden zu finden. Und dem Essen mit Lätzchen hat unser kleiner Dreckspatz bereits vor Monaten mit klarer Ansage ein Ende gesetzt.
  • Gegen jegliche Regeln oder ansagen herrscht erst einmal Fundamentalopposition. Häufig bleibt es nicht nur bei einem „nein“, sondern es wird im schlimmsten Fall auch mal gebissen.

Wenn ich mich recht erinnere nannte man Menschen, die sich so verhalten, in meiner Jugend „Punks“. Punk stand eben für rebellische Haltung und nonkonformistisches Verhalten. Dazu kam noch das provozierende Aussehen – aber solange unsere Kleine noch nicht ihre eigene Kleidung kauft können wir das zum Glück noch steuern.

Würden wir wirklich ein braves, angepasstes Kind haben wollen?

Ja, unser Kind ist unangepasst – und das macht es uns Eltern oft nicht leicht. Aber würden wir es anders haben wollen?

Punk is not dead
Like me? Pin me :-)

Ehrlich gesagt – nein. Denn in einem Punkt unterscheidet sich unsere Lilly von Punks: sie ist von Grund auf positiv gestimmt. „No Future“ ist nicht ihre Sache. Sie freut sich jeden Morgen auf den neuen Tag und ruft uns meist fröhlich mit den ersten Sonnenstrahlen herbei, um sie aus dem Bett zu holen. Zwar ist das meist nicht ganz das, was wir Eltern uns wünschen – aber ihr breites Lächeln, wenn sie uns sieht, entschädigt für den entgangenen Schlaf.

Mit großem Optimismus und viel Selbstbewusstsein geht Lilly jeden Tag und alle seine Herausforderungen an. Sicher auch, weil wir sie so, wie sie ist, okay finden. Stop, falsch. Wir finden unser unangepasstes, lautes, anstrengendes Kind richtig klasse und würden sie nicht anders haben wollen!

Bis auf die Sache mit dem Ausschlafen am Wochenende vielleicht …