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Zeuge einer Naturgewalt - Gedanken eines Vaters zur Geburt seines Kindes

Eine Geburt ist eine elementare Erfahrung – das weiß jeder, der schon einmal als Vater oder Mutter daran teilgehabt hat. Wann ist man sonst so nah am Puls des Lebens, wann sonst erfährt man die Natur so unmittelbar? Ein Vater machte sich kurz nach der Geburt seiner Tochter Notizen zu seinen Gedanken und Gefühlen.

In der Nacht zum Samstag bin ich zum zweiten Mal Vater geworden. Wie schon bei der Geburt des ersten Kindes war das Ganze ein unvergleichbares und sehr emotionales Erlebnis. Zum Glück klappte alles ohne größere Probleme. Gut eine Stunde später dachten meine Frau und ich, dass wir nun ja auch nach Hause gehen könnten. Die Hebamme bestätigte uns, dass einer ambulanten Geburt nichts im Wege stünde – um eine Nachsorgehebamme hatten wir uns im Vorfeld gekümmert und das Baby suchte schon die Brust. Jedoch würde man uns frühestens vier Stunden nach der Geburt entlassen. Aus Vorsorge für die Mutter, nicht das Kind.

 

So saßen bzw. lagen wir drei also in den frühen Morgenstunden im Kreißsaal, waren alle erschöpft und warteten. In dem Moment beschloss ich, mir ein paar Notizen zu den Gefühlen und Gedanken zu machen, die ich in dieser Nacht vor, während und nach der Geburt hatte. Es sind nur Stichpunkte, lose verknüpfte Gedanken. Ich bitte, dies zu verzeihen, aber ich habe mir vorgenommen, die Notizen nur auszuformulieren, nicht künstlich zu verknüpfen und damit zu verwässern. Eine Geburt ist eben eine sehr emotionale Sache. Dieser Text soll ein klein wenig davon widerspiegeln. Hier meine Gedanken.

Wer nicht einmal eine Geburt als Beteiligter durchlebt, dem fehlt eine elementare Erfahrung im Leben

Eine Geburt ist eine urtümliche Erfahrung, wie man sie im Leben sonst wohl nie erlebt. Wann sonst ist man Zeuge einer solchen Kraft der Natur, wann ist man so nahe dran am Puls des Lebens, der unser Dasein bestimmt? Wer dies nicht einmal als Beteiligter, also als Vater oder Mutter oder enger Vertrauter durchlebt, dem entgeht etwas Wesentliches, etwas Elementares, und dieser Person fehlt ein Puzzleteil im Leben als Mensch.

Als Mann fühlt man sich bei einer Geburt hilflos. Viel mehr als die Hand halten, Mut zusprechen und regelmäßig Wasser reichen konnte ich nicht tun. Ich wollte meiner Frau helfen, aber – ehrlich gesagt – auch nicht mit ihr tauschen. Wenn Männer Kinder gebären müssten, dann gäbe es sicher viel weniger Kinder – und bestimmt mehr Einzelkinder! Ich habe Ehrfurcht vor der Leistung jeder Frau, die ihr Kind aus sich „herausgepresst“ hat und ich bin meiner Frau unendlich dankbar, was sie für die Geburten unserer Kinder auf sich genommen hat. Ich liebe Dich dafür, Schatz!

Ebenso habe ich großen Respekt vor Hebammen und ihrem Handwerk. Sie sind Spezialisten in einem uralten und so elementar wichtigen Fachgebiet. Sie haben einen maßgeblichen Anteil am Fortbestand der Menschheit. Es ist eine Schande, dass dieser wichtige Berufsstand so schlecht bezahlt wird, dass viele Hebammen ihre Berufung aufgeben müssen. Wussten Sie, dass in Deutschland eine Geburt nur im Notfall ohne Hebamme stattfinden darf, jedoch ohne Arzt? Bei der Geburt unserer Tochter kam die Ärztin nur in den letzten Minuten hinzu – und wurde auch nicht vermisst.

Es ist kaum zu glauben, wie schnell ein Baby nach der Geburt „funktioniert“

Das eigene Baby direkt nach der Geburt im Arm zu halten – nach all der Wehen-Arbeit, nach all den Stunden der Schmerzen - ist ein Glücksgefühl, das es so auf dieser Welt in ähnlicher Weise kaum ein zweites Mal gibt. Man ist emotional fortgetragen, den Tränen zumindest nahe, erleichtert, der Stress und die Schmerzen fallen von der Mutter ab. Man weiß, dass sich sein Leben nun ändert, man weiß, dass man etwas Großes erlebt hat, ist erleichtert, dankbar und einfach nur glücklich.

Es ist faszinierend, wie schnell ein neuer Erdenmensch „funktioniert“. Ein Baby ist ein fertiges Wesen, das sich mit seinen winzigen Fingern an der Mutter festklammert und die Brust sucht. Es kämpft von Anfang an darum, zu überleben. Sagenhaft.

Gedanken eines Vaters zur Geburt seines Kindes
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Als die Geburt vorüber war – nach Wehen, Schreien, Hoffen, viel Willenskraft seitens meiner Frau und auch einer ganzen Menge Blut - und wir unser Baby in den Armen hielten, war ich glücklich, emotional und körperlich erschöpft und dankbar über die gelungene Geburt und unser gesundes Kind. Mit ein paar Minuten Abstand dachte ich, wie froh ich bin, zu einer Zeit und in einem Land zu leben, in dem eine Geburt eine vergleichsweise risikolose Sache für die Mutter und meist auch das Kind ist. Die Zeiten, als viele Mütter und Babys im Kindbett starben, sind noch gar nicht so lange her, aber zum Glück vorüber. Dafür war ich in dieser Nacht sehr dankbar.