Für notorische Zuspätkommer sind kleine Kinder eine willkommene Rechtfertigung für ein desaströses Zeitmanagement. Für alle anderen erweisen sich die lieben Kleinen als nervenzerreißende Geduldsprobe in punkto Rechtzeitigkeit.
Pünktlich mit Kind? Geht nicht, gibt’s nicht!
Kennen Sie das? Sie verabreden sich mit Freunden. Laden sie womöglich zum Essen ein. Um – nehmen wir einmal an – 13 Uhr. Dieses befreundete Pärchen hat zwei Kinder, eine dreijährige Tochter und einen Sohn im Babyalter.
Und nun die große Frage: Wann soll man den Braten in den Ofen schieben, die Kartoffeln aufsetzen und den Salat anmachen, damit alles auf den Punkt für die Gäste fertig ist? Richtig! Erst dann, wenn sie tatsächlich da sind. Also so gegen 14:30 Uhr.
Zeitfresser Kinder
Wieso ist es so schwer mit Familienanhang pünktlich zu sein? Die Antwort: Weil Zeit mit kleinen Kindern etwas rein Abstraktes ist. Kinder sind Zeitfresser. Gerade sind sie aufgestanden, schon gibt’s wieder Mittagessen und schwupps, da kommt auch bereits das Sandmännchen. Dazwischen? Ein großes, schwarzes Loch. Für ungeübte Eltern wird Pünktlichkeit zur reinen Unmöglichkeit, wenn sie sich keine funktionierenden Strategien zurecht legen.
Warten, warten, warten
Wir bleiben bei dem 13-Uhr-Mittagessen-Beispiel. Es ist 12:30 Uhr. Tatort: Im Haus des befreundeten Pärchens. Man wäre eigentlich rechtzeitig dran und bereit zum Losfahren. Dann: Töchterchen hat sich in der letzten Minute überlegt, dass man diesen Rock auf keinen Fall anziehen möchte. Und auch eine andere Frisur möchte. Und dass man das komplette Barbie-Schloss nicht mitnehmen darf, führt zu einem Heulkrampf. Gleichzeitig brüllt auch der Kleine los. Doch noch mal stillen? Oder Windeln wechseln? Mama ist am Rotieren und raunzt „Blumen müssen wir auch noch besorgen!“
Drama, Baby, Drama
Man(n) selber steht beautoschlüsselt an der Haustür und könnte eigentlich losfahren. Doch schon findet wieder der Zeitfresser-Mechanismus statt: Bis die Kleidungsfrage bei der Tochter, das Brüllproblem des Babys und das Blumen-Drama geklärt ist, sind satte zwei Stunden vergangen. Einfach verschwunden. Man weiß nicht wohin. Man weiß nur, man hat mal wieder das Klischee erfüllt, dass Eltern mit Kindern nicht pünktlich sein können.
Logistisches Abenteuer
Soll man einfach nur lockerer werden? Oder diesen ganzen Pünktlichkeits-Fanatismus ignorieren? Regel Nummer eins: Man ist nicht spießig oder autoritär, weil man gewisse Zeit-Prinzipien verfolgt! Man erleichtert sich nur das Leben.
Für Väter eröffnet sich hier ein logistisches Feld, das einem spannenden Management-Projekt ähnelt. Am besten macht Mann sich einen Plan: Was sind die neuralgischen Punkte in der vermurksten Zeit-Organisation? Wo befinden sich die Nadelöhre? Wer übernimmt wann den Controlling-Part? Welche Standards müssen gelten? Planspiel Kind quasi.
Strukturen helfen
Beispiel: Morgens vor dem Kindergarten. Man steht auf um halb acht und soll um halb neun das Haus verlassen, was selten bis nie klappt - weil anziehen Drama, frühstücken Drama, Zähne putzen Drama. Eine geregelte und realistische Struktur – eventuell spielerisch verpackt – bewirkt oftmals Wunder und führt zu gelebter Entspannung.
„Wer ist schneller?“
Wie wäre es zum Beispiel am Morgen mit einem kleinen Wettbewerb? Legen Sie Ihre Klamotten neben die Anziehsachen Ihres Steppkes und geben das Kommando: Wer ist als erster angezogen? Das macht Spaß und führt zum Ziel.
Kinder kann man auch gut mit Ritualen locken. Wenn im Radio jeden Morgen um 7:45 Uhr ein „Der lustige Telefonanruf“ kommt oder um 8 Uhr die Müllabfuhr vorbeifährt, holen Sie Ihr Kind dazu. Nach kurzer Zeit wollen die Kids das nicht mehr verpassen.
Pünktlichkeit bedeutet Respekt
Wichtig am Morgen: Zeitpuffer schaffen. Wenn alles nichts nützt, einfach früher aufstehen. Man kann und muss seinen Kindern zeigen: Pünktlichkeit ist kein Zeichen von Spießertum. Pünktlichkeit ist ein Zeichen von Respekt. Und nebenbei auch das beste Mittel gegen Abgehetztheit und Stress. Das gilt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Schüler, die immer auf den letzten Drücker zum Schulbus hetzen oder zu spät ins Klassenzimmer stürmen, wirken selten ausgeglichen, weil sie den Zeitdruck, unter dem sie ständig leiden, kompensieren müssen. In Härtefällen sollte man sich einfach mal mit den Kindern hinsetzen und gemeinsam den Tag strukturieren, um den Ablauf zu optimieren.
Sanktionen dürfen sein
Gerade bei notorischen Trödlern unter den Jugendlichen sind auch Sanktionen ein Thema. Man muss nun wahrlich keinen militärischen Tagesablauf fordern. Aber klare Regeln und Zeitabsprachen sollten in jedem Fall aufgestellt und eingehalten werden. Wenn man zu seinem Teenie-Töchterchen sagt, es soll um 22 Uhr zu Hause sein und es erst gegen Mitternacht eintrudelt, dann sollte man sich schon in einer gewissen Strenge und Konsequenz üben. Eventuell kann man auch bereits im Vorfeld faire Sanktionen zusammen mit den Kids ausmachen. Schließlich kommen Eltern nur so auch pünktlich – ins Bett!