© Sandy Schulze - Fotolia.com

Was brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung?

Als Herbert Grönemeyer zu Beginn seiner ganz großen Karriere „Wann ist ein Mann ein Mann?“ sang, wurde deutlich, dass es Fragen gibt, die gar nicht so einfach zu beantworten sind. Ähnlich kompliziert ist es mit der Frage nach einer gesunden Entwicklung des Kindes. Wodurch wird sie gefährdet? Wann ist sie gewährleistet? Und was können Eltern tun, um ihren Anteil daran zu haben?

Immer mehr Kinder leiden unter psychischen Problemen und Störungen. Die Last des Lebens nimmt stetig zu, selbst jüngere Kinder fühlen sich oft ausgelaugt und sind der Meinung, den an sie gestellten Anforderungen nicht gerecht zu werden. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen ein Kind als gesund gilt, wenn es nicht übergewichtig ist und sich in ausreichendem Maße bewegt. Das Leben ist komplexer geworden und zu einer gesunden Entwicklung gehört weit mehr als die Befriedigung der Grundbedürfnisse. Die negativen psychischen Auswirkungen auf das Kinderleben betreffen übrigens Kinder aller Schichten, davor gefeit ist also niemand. Eltern können helfen, zu einer gesunden Entwicklung beizutragen. Wissenschaftler haben dafür neun Punkte erarbeitet.

 

Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung

Was damals den unglaublichen Erfolg der Teletubbies ausgemacht hat, ist ein offenes Geheimnis. Das Gesetz der Wiederholung war es. Kleine Kinder rufen bei jeder gelungenen Geschichte, bei besonders vergnüglichen Spielen oder eben, wenn sie etwas Aufregendes im Fernsehen sehen, ganz schnell: „Nochmaaaal!“

Das ist spielerisch und macht es Eltern oft leicht, die Kleinen zu begeistern, weil sie sich nicht ständig etwas Neues einfallen lassen müssen (wobei die Lieblingsgeschichte aus dem Kinderbuch bei der x-ten Wiederholung durchaus an die Substanz des Vorlesers gehen kann).    

Wiederholungen sind jedoch nicht nur für kleine Kinder wichtig. Auch wenn der Nachwuchs schon größer ist, braucht es Dinge, auf die er sich verlassen kann, die wiederkehren und einen festen Platz im Alltag haben. Zu ihnen gehören:

  • Regelmäßige gemeinsame Essen. Die wichtigste Mahlzeit des Tages ist das Frühstück. Dennoch, das Abendessen erfüllt den Zweck ebenso, insbesondere, weil das Kind am Abend vom Erlebten des Tages berichten kann. Auf zwei, wenigstens aber eine gemeinsame Mahlzeit am Tag sollten Kinder sich jeden Tag einrichten und freuen können.
  • Mindestens einmal pro Tag sollten Kinder die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern bzw. eines Elternteils erhalten. Was zunächst selbstverständlich erscheint, ist es nicht, wenn man sich einmal selbstkritisch mit dem alltäglichen Leben befasst. Oft finden Gespräche zwischen Tür und Angel statt, werden plötzlich abgebrochen oder Eltern sind gedanklich längst woanders. Das bewusste Konzentrieren auf das Kind mit dem echten Gefühl, dass für diesen Moment nichts wichtiger ist und dazwischen kommen darf, ist gar nicht so einfach zu realisieren, wie man denken mag.
  • Verlässlichkeit beim Tagesablauf ist für Kinder besonders wichtig. Wenn sie sich in einem sicheren Rahmen bewegen und wissen, dass bestimmte Aktivitäten immer gleich gestaltet werden, trägt das zu einem Gefühl der Verlässlichkeit bei und gibt Sicherheit.

Soziales Regelwerk

Zu einem gesunden Menschen gehören auch soziale Kontakte, keine Frage. Deshalb ist es wichtig, Kinder im Aufbau dieser Kontakte zu unterstützen. Wenn ein Kind die meiste Zeit allein ist (womöglich als „Schlüsselkind“ auch noch ohne die Eltern), verkümmern soziale Fähigkeiten. Zudem besteht die Gefahr, dass Fernseher und Computer eine allzu wichtige Rolle einnehmen.

Wichtig sind soziale Kontakte übrigens nicht nur für Kinder, sondern auch für die Eltern. Wenn man weiß, dass es in der Nachbarschaft liebe Menschen gibt, die bei Bedarf auch mal auf den Nachwuchs aufpassen können, fühlt man sich insgesamt entspannter.

Die engsten sozialen Beziehungen entstehen naturgemäß in der Familie. Dazu gehört auch, dass man mit dem Kind über Regeln spricht, an die sich alle in der Familie halten müssen. Mit zunehmendem Alter sollten Kinder an der Gestaltung der familiären Aktivitäten immer stärker beteiligt werden. Kleine Kinder brauchen (und wollen) das meist nicht, weil es sie hoffnungslos überfordert (deshalb fragt man die Kleinsten unter uns besser auch nicht, ob sie abends schlafen gehen wollen, sondern sagt ihnen besser einfach, wann es soweit ist). Größere Kinder dagegen empfinden es als eine Herausforderung und Wertschätzung, wenn sie Mitsprachemöglichkeiten in familiären Bereichen haben. Diese Fähigkeit, selbst und eigene Entscheidungen zu treffen, ist übrigens generell wichtig und stärkt das Selbstvertrauen und somit auch die Zufriedenheit insgesamt.

Keine Macht den Drogen!

Kinder, denen ein gesundes und gesundheitsbewusstes Leben vorgelebt wird, neigen selten dazu, mit legalen und illegalen Drogen zu experimentieren. Wenn die Eltern allerdings selbst rauchen und gern schon zum Mittagessen einen Wein oder ein Bier zu sich nehmen, kommt das Kind schon früh mit den ersten Droge in Kontakt und verliert die Distanz dazu. Außerdem neigen Kinder, die sich regelmäßig bewegen und Sport treiben, weniger zu Drogen oder Alkohol. Suchtpotenzial steckt übrigens nicht nur in Drogen, sondern auch im Fernsehen, dem Computer oder dem Smartphone. Es wäre naiv (und sicherlich auch nicht richtig), würde man versuchen, diese Dinge komplett vom Kind fernzuhalten. Aber auf die richtige Dosis kann und soll man als Eltern(teil) achten. Da zu den Empfehlungen für eine gesunde Entwicklung aber auch das tägliche Gespräch mit dem Kind gehört, ist nicht zu befürchten, dass es fernsehsüchtig wird. Das Gespräch und die Beschäftigung mit dem Kind müssen dafür aber auch tatsächlich stattfinden.