Autoaggressives oder selbstverletzendes Verhalten kommt besonders häufig bei Mädchen zwischen 12 und 15 Jahren vor. Die Gründe dafür sind vielfältig und psychisch. Meist führen problematische Lebenssituationen dazu, dass Jugendliche sich ritzen oder anderweitig selbst verletzen.
Wenn Jugendliche sich selbst verletzen
Die beliebteste Methode ist das Ritzen, bei dem sich die Jugendlichen mit einem Messer, einer Rasierklinge oder einer Nagelschere selbst Schnitte zufügen. Andere beißen sich, knabbern die Nägel bis aufs Blut ab oder drücken sich brennende Zigarretten auf dem Körper aus. Für Eltern ist jede dieser Selbstverletzung ein Alarmsignal. Es besteht Handlungsbedarf.
Gründe und Ursachen für die Selbstverletzung
Warum tun sie das? Diese Frage stellen sich nicht nur die fassungslosen Eltern. Für Außenstehende ist das Phänomen der Autoaggression kaum nachzufühlen und auch die betroffenen Kinder selbst können kaum erklären, was in ihnen vorgeht. Eine Gemeinsamkeit scheint in den meisten Fällen die zu sein, dass sich der Betroffene durch den Schmerz selbst spüren kann, seelischer Schmerz wird mit körperlichem überlagert – denn der ist klarer zu erfassen und tut anders, weniger weh. Die Probleme, die zur Selbstverletzung führen können ein geringes Selbstwertgefühl oder Depressionen sein; Schulfrust, familiäre Schwierigkeiten, Liebeskummer oder die Unfähigkeit, die eigenen Gefühle auszudrücken, suchen sich ein Ventil. In einigen Fällen ist gerade das Ritzen allerdings tatsächlich auch nur eine Modeerscheinung. Die Medien, hier insbesondere das Internet, machen aus der Selbstverletzung etwas Aufsehenerregendes und Besonderes. Auf dieser Welle schwimmen nicht wenige Jugendliche, um sich von der Masse abzuheben. Natürlich entspringt auch hier das Ritzen letztendlich aus einem mangelnden Selbstbewusstsein.
Selbstverletzung als Sucht
Jedes Mal, wenn ein Jugendlicher sich selbst verletzt, hat das Auswirkungen. Nicht selten wirkt das Ritzen beruhigend und ausgleichend und kann somit in kurzer Zeit zum Suchtmittel werden. Wo andere eine Zigarette rauchen oder mal eben um den Block rennen, wird hier das Ritzen genutzt, denn es „hilft“, zumindest für den Moment. Dieser Mechanismus greift, egal, welche Motivation vorhanden ist. Wenn das Blut fließt oder der Schmerz am größten ist, dann lässt der Druck, unter dem der Betroffene leidet nach und fühlt sich besser.
Wege aus der Selbstverletzung
Das große Problem ist in der Regel, dass Jugendliche, die sich selbst verletzen, meist kein gutes Vertrauensverhältnis zu den Eltern haben. Geritzt wird im Geheimen und nur durch Zufall kommen Eltern auf die gruselige Wahrheit. Der erste Gedanke ist sicher immer der, einen Psychologen aufzusuchen und dies macht auch Sinn. Sträubt sich Ihr Kind allerdings zu sehr dagegen, wird dies wenig erfolgreich sein. Stattdessen können Sie – zumindest für einen begrenzten Zeitraum – versuchen, ob Sie das Problem mit Ihrem Kind zusammen in den Griff bekommen. Auf verschiedenen Selbsthilfeseiten (die Sie Ihrem Kind übrigens zugänglich machen sollten) wird im Internet eine Vielzahl von Informationen bereitgestellt. Darunter sind auch Alternativen, die Ihr Kind ausprobieren kann, um sich vom Ritzen abzulenken. Allerdings sollten Sie allzu langes Experimentieren vermeiden. Autoaggression kann auf schwere psychische Störungen hinweisen und es ist wichtig, die tiefere Ursache zu ergründen und an ihrer Auflösung zu arbeiten.
Was macht der Psychologe?
Wenn Sie und Ihr Kind sich entschließen, zum Psychologen zu gehen, wird dieser ebenfalls am Anfang den Schwerpunkt darauf legen, eine Ersatzhandlung zu finden, um den Druck nicht zu groß werden zu lassen und Entzugserscheinungen zu vermeiden. Gleichzeitig wird in Therapiesitzungen am eigentlichen Problem gearbeitet. Ziel ist, die Gründe für die Selbstverletzung zu finden und bewusst zu machen. Ein wichtiger Schritt ist die Entwicklung von Selbstliebe, die bei Jugendlichen, die zur Selbstverletzung greifen, kaum vorhanden ist. In schweren Fällen der Autoaggression sollte die Behandlung stationär durchgeführt werden, um die Kinder vor sich selbst zu schützen und eine dauerhafte Überwachung zu ermöglichen.
Wenn Sie feststellen, dass Ihr Kind sich selbst verletzt, ist das hart. Sie sollten versuchen, sich nicht allzu viele Vorwürfe zu machen, sondern liebe- und respektvoll mit dem Thema umgehen und Ihrem Kind helfen, so gut es eben geht.
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