Um es vorwegzunehmen: Kinder bekommt man nicht aus finanziellen Erwägungen heraus, sondern aus Überzeugung. Weil ein glückliches Kinderlachen eben einfach das Schönste ist, was es auf der Welt gibt. Abseits aller Romantik muss man sich allerdings eingestehen: man hat es in Deutschland mit Kindern nicht leicht. Dass die Politik in schöner Regelmäßigkeit dann auch noch scheinheilig die rückläufigen Geburtenzahlen beklagt, wirkt in den Augen der betroffenen Eltern wie blanker Hohn.
Warum es zu wenig Kinder in Deutschland gibt – ein höchst kritischer Beitrag zur aktuellen Familienpolitik
Der Staat verfolgt nur wirtschaftliche Interessen
Wer kennt sie nicht: bunte Broschüren von staatlichen Institutionen zu familienpolitischen Themen, die mit einer lachenden Familie auf dem Cover eine harmonische Vater-Mutter-Kind-Idylle suggerieren sollen. Die Realität sieht allerdings so aus, dass es dem Staat mitnichten um glückliche Familien geht. Wenn der sich als Wohltäter für Familien präsentiert, dann höchstens aus Eigeninteresse. Kinder stellen für ihn nämlich in erster Linie künftige Beitrags- und Steuerzahler dar. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, dass der Staat für ein Kind weniger Geld (Kindergeld, Betreuung, etc.) aufwenden muss, als er im Laufe seines Lebens in Form von Steuern, Sozialbeiträgen oder dergleichen wieder zurück bekommt. Kein Wunder also, dass uns die Politik das Kinderkriegen schmackhaft machen will.
Das Elterngeld ist nur ein halbherziger Ansatz
Das staatliche Elterngeld in Höhe von 65 Prozent des früheren Nettoeinkommens gibt es nur ein Jahr lang – inklusive Vätermonate sogar ganze 14 Monate. Jeder, der die ersten Lebensmonate seines Babys miterleben durfte, weiß aber, dass kaum eine Mutter freiwillig nach einem Jahr wieder arbeiten gehen würde. Viele Familien sind jedoch schlichtweg auf zwei Einkommen angewiesen, weil sie alleine vom Einkommen des Vaters auf Dauer nicht leben können. Das gilt insbesondere, wenn Wohneigentum geschaffen wurde oder jeder Cent verplant ist. Da wirken die Appelle der scheidenden Familienministerin an junge Mütter, doch zugunsten der Kindererziehung auf die eigene „Karriere“ zu verzichten, wie eine schallende Ohrfeige. Dass das Elterngeld zum 01.01.2013 durch diverse Änderungen an der Berechnungsmethode dann auch noch still und heimlich von 67 auf 65 Prozent gekürzt wurde, setzt dem Ganzen die Krone auf. Was auch oftmals übersehen wird: das Elterngeld ist als Lohnersatzleistung zwar an sich steuerfrei, erhöht aber indirekt den Steuersatz. Viele Eltern trifft daher im Folgejahr fast der Schlag, wenn der Einkommensteuerbescheid mit einer saftigen Nachzahlung ins Haus flattert.
Dummerweise muss man sich dann häufig auch noch blöde Kommentare von Außenstehenden anhören, welche die Elternzeit mit dem Elterngeld verwechseln. Man kann nämlich bis zu drei Jahre in Elternzeit gehen, bekommt allerdings nur ein Jahr lang Elterngeld vom Staat. Wagt es eine Mutter, nach einem Jahr wieder arbeiten zu gehen, weil sie das Geld dringend braucht, so gilt sie als Rabenmutter. Und wegen der 150 Euro staatlichem Betreuungsgeld kann nun wirklich niemand zuhause bleiben. Arbeitet eine Mutter aber nicht, wird sie wiederum als Hausmütterchen abgestempelt.
Die Kinderbetreuung in Deutschland ist eine Katastrophe
Wer nach der Babypause wieder arbeiten will oder muss und keine Großeltern für die Kinderbetreuung vor Ort zur Verfügung hat, dem bleiben zwei Möglichkeiten: entweder gibt er sein Kind zur Sammelverwahrung in eine Krippe oder – was etwas individueller ist - zur Tagesmutter. Trotz staatlicher Förderung kostet das bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden immerhin noch etwa 250 Euro – ein überaus happiger Betrag, der ein großes Loch ins Haushaltsbudget reißt (und unter Umständen liegen die Beiträge deutlich höher). Wer also halbtags arbeitet, kann de facto etwa ein Viertel davon gleich wieder abgeben. Man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Familien sollen aus ihrem versteuerten Einkommen Geld für eine Fremdbetreuung aufwenden, um sich den „Luxus“ zu erkaufen, dass die Mutter wieder arbeiten gehen darf, um dafür zum Dank wieder Steuern und Sozialbeiträge an den Staat abzuführen. Wenn der Staat schon aus eigennützigen Gründen die Geburtenrate unbedingt erhöhen will, dann sollte er wenigstens die Kinderbetreuung voller Kraft fördern.
Dann will uns die Politik auch noch weismachen, dass man in Deutschland Familie und Beruf ganz hervorragend vereinbaren kann.
Wer schon einmal versucht hat, einen der wenigen Krippenplätze zu ergattern, der weiß, dass dies einer Lotterie gleicht. Mittlerweile gibt es zwar immer noch zu wenig Betreuungsplätze, aber wenigstens einen einklagbaren Rechtsanspruch für Kinder unter 3 Jahren. Doch was nützt das den Eltern, die dringend einen Kita-Platz benötigen, weil sie nach der Elternzeit wieder arbeiten müssen? Dass es bisher nur wenige Betriebskindergärten gibt, liegt auch daran, dass diese mangels steuerlicher Fördermöglichkeiten für Unternehmen noch nicht attraktiv genug sind.
Hat man mit viel Glück schließlich eine Betreuung für sein Kind gefunden, funktioniert das Ganze bestenfalls bei normalen Büroarbeitszeiten. Denn die meisten Kitas sind nur von 8 bis 16 Uhr geöffnet. Keine Chance haben da beispielsweise Eltern mit Schichtdienst oder langen Arbeitswegen. Es ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten, wenn die Politik gleichzeitig auch noch größtmögliche örtliche und zeitliche Flexibilität im Beruf fordert.
Hinzu kommt, dass die Ferienzeiten von Kindergärten und Schulen den Jahresurlaub eines normalen Arbeitnehmers um ein Vielfaches übersteigen. Viele Eltern kämpfen kontinuierlich mit dem Problem, was sie in dieser Zeit mit den Kindern anfangen sollen. Viele Arbeitgeber sehen Familie immer noch nicht als gesellschaftspolitische Aufgabe, sondern als Privatvergnügen an. Was passiert, wenn das Kind krank wird und man niemanden für die Betreuung hat? Zwar gibt es diesbezüglich einen gesetzlichen Anspruch auf ein paar Freistellungstage im Jahr. Dass man sich damit aber langfristig bei Arbeitgeber und Kollegen unbeliebt macht und berufliche Nachteile befürchten muss, ist eine ganz andere Sache.
Falls es mit dem Kinderwunsch nicht klappt – Paare werden nicht unterstützt, sondern gegängelt
Viele Paare können auf natürlichem Weg keine eigenen Kinder bekommen und entscheiden sich notgedrungen für eine künstliche Befruchtung. Glücklicherweise gibt es heutzutage viele Möglichkeiten, die auch tatsächlich zum gewünschten Erfolg führen. Allerdings ist eine solche Behandlung oftmals ein sehr langer und steiniger Weg. Da das Thema ungewollte Kinderlosigkeit in der Gesellschaft weitgehend tabuisiert wird, müssen Frauen oftmals unter dem Vorwand irgendeiner Krankheit ihrem Arbeitsplatz fernbleiben, um zum berechneten Eisprung in die Kinderwunschklinik zu fahren – Freistellungstage gibt es für solche Fälle nämlich nicht.
Zudem ist eine Kinderwunschbehandlung in erster Linie vom Geldbeutel abhängig. Die Krankenkassen zahlen grundsätzlich nur Ehepaaren einen Zuschuss von 50 Prozent, der auch noch an zahlreiche Voraussetzungen gebunden ist. Unterm Strich bleibt in jedem Fall ein Eigenanteil, der durchaus fünfstellige Dimensionen erreichen kann. Da man soviel Geld zunächst einmal übrig haben muss, stellt sich bei vielen Paaren mit Kinderwunsch die Frage einer künstlichen Befruchtung erst gar nicht.
Familienfeindliches Steuerrecht
Das deutsche Steuerrecht bietet jede Menge Sparmöglichkeiten und Schlupflöcher für allerlei Klientel. Familien mit Kindern – die sich keinen teuren Steuerberater leisten können – haben jedoch kaum Möglichkeiten, weniger Steuern zu bezahlen.
Man kann lediglich von den Betreuungskosten zwei Drittel und höchstens 4000 Euro im Jahr bei der Einkommensteuererklärung angeben. Hier stellt sich aber die Frage: warum darf man beispielsweise die Kosten für teure Dienstwagen voll absetzen, aber für Kinderbetreuung nicht? Mit welchem Recht gilt für Tierfutter eine ermäßigte Mehrwertsteuer von 7 Prozent, während man für Kinderartikel (Spielzeug, Windeln, etc.) den vollen Satz bezahlen muss? Ist es gerecht, dass Unterhaltspflichtige wie Alleinstehende die Steuerklasse 1 bekommen, obwohl sie mit ihrem Einkommen letztlich eine ganze Familie finanzieren? Im Jahre 2006 wurde dann auch noch die Eigenheimzulage – die vielen Familien den Sprung ins Eigenheim ermöglichte - abgeschafft und durch eine mickrige Riester-Förderung ersetzt – die man obendrein im Alter auch noch versteuern muss.
Zu guter Letzt: das verunglückte Familienrecht hält Männer vom Kinderwunsch ab
Viele Kinder werden schon alleine deshalb erst gar nicht geboren, weil die potenziellen Väter die möglichen finanziellen und rechtlichen Nachteile einer Vaterschaft scheuen. Solange eine Beziehung intakt ist, ist erst einmal alles in bester Ordnung. Für den Fall, dass ein Mann jedoch von seiner Partnerin irgendwann als Vater „entsorgt“ wird, muss man ehrlicherweise sagen: solche Männer haben in Deutschland nichts zu lachen. Das hat viele Gründe:
Wer unverheiratet ist, muss sich das gemeinsame Sorgerecht zunächst einmal mühsam erkämpfen. Ansonsten gilt, dass das Sorgerecht im Grunde ein Papiertiger ist. Wie soll ein Mann an der Entwicklung seines Kindes teilhaben, wenn es sich überwiegend bei der Mutter aufhält und er zum Zahlvater und Besuchsonkel degradiert wird? Zwar müssen wichtige Entscheidungen (Schulwahl, Umzüge, etc.) grundsätzlich von beiden Elternteilen abgesegnet werden, was in der Praxis oftmals dadurch vereitelt wird, dass die Mutter den unliebsamen Ex-Vater einfach vor vollendete Tatsachen stellt.
Vätern wird als Umgangsrecht üblicherweise alle 14 Tage ein Wochenende mit ihrem Kind zugestanden. Ob es in der Praxis auch dazu kommt, hängt auch maßgeblich vom Wohlwollen der Mutter ab. Stellt sie sich quer, muss man das Umgangsrecht einklagen. Das kostet Geld und Zeit und man sieht sein Kind möglicherweise trotzdem nicht, weil die Gerichte bei Umgangsverweigerung nur sehr zögerlich von Zwangsmaßnahmen Gebrauch machen.
Der nicht betreuende Elternteil – in aller Regel der Vater – schuldet einen monatlich im Voraus zu zahlenden Kindesunterhalt. Mindestens 18 Jahre lang, in der Regel aber deutlich länger. Die Höhe hängt aber nur am Rande mit dem tatsächlichen Einkommen des Vaters zusammen. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber hierfür ein Teufelswerk namens Mindestunterhalt ausgedacht, bei dem der Kindesunterhalt direkt an den steuerlichen Kinderfreibetrag – einem Spielball der Politik - gekoppelt ist. Wird der Freibetrag infolge eines Wahlgeschenkes mal wieder erhöht, steigt automatisch auch der Unterhalt. Möglich machen das dynamische Zahlungstitel, die nicht einmal mehr vor Gericht abgeändert werden müssen. Zusätzlich werden die Beträge nach der Düsseldorfer Tabelle auch noch regelmäßig erhöht – demokratisch im Hinterzimmer beschlossen von einer Kommission aus Familienrechtlern. Wie die Väter trotz allgemeiner Arbeitslosigkeit und stagnierender Löhne das alles bezahlen sollen, interessiert niemanden.
Fazit:
Wer wirklich Kinder will, sollte sich nicht von den zahlreichen Schwachpunkten im System davon abhalten lassen. Allerdings gibt es unendliche Ansatzpunkte, wo die Politik in Sachen Familienförderung etwas ändern könnte – die genannten Punkte stellen die Situation von Familien nur beispielhaft dar. Dass sich wirklich etwas tut, ist gerade im Hinblick auf den aktuellen Koalitionsvertrag eher unwahrscheinlich. Verwunderlich ist das aber nicht – zumal bereits Konrad Adenauer einmal gesagt haben soll, dass die Leute ihre Kinder ja ohnehin bekommen und Gerhard Schröder die Familienpolitik einst als Gedöns abtat.
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