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Gefühle zeigen erlaubt

Noch bevor Kinder sprechen können, zeigen sie ihre Gefühle deutlich: Durch Lachen, Weinen, Jauchzen, Schreien. Je älter sie werden, desto mehr Kontrolle wird ihnen abverlangt. Allerdings sollten Eltern dabei nicht vergessen: Gefühle sind der wirkliche Maßstab unseres Handelns.

In unseren rationalen Zeiten gelten Gefühle oft als Störfaktoren. Sie hindern uns am klaren Denken und machen das Leben manchmal sehr kompliziert. Dabei sind sie lebenswichtig. Gefühle helfen uns, Entscheidungen zu treffen, die zu komplex sind, um sie mit dem Verstand zu erfassen, sie treiben uns an und bewahren uns davor, große Fehler zu machen.

 

Gefühle sind angeboren – Ihr Ausdruck anerzogen

Angst, Ärger, Glück, Wut. Die grundlegenden Gefühle sind dem Menschen angeboren und sie helfen ihm, sich in der Welt zurechtzufinden, in Kontakt mit anderen zu treten und letztendlich auch, zu überleben. Allerdings gibt es große Unterschiede darin, wie jeder einzelne seine Gefühle ausdrückt. Dies ist zum großen Teil von der Mentalität bestimmt, in der ein Kind aufwächst. Während in Südeuropa die Menschen ihre Gefühle leidenschaftlich zeigen und ausleben, ist im Norden eher vornehme Zurückhaltung gefragt und auch innerhalb der Familien ist der Umgang mit Gefühlen ganz unterschiedlich. So gibt es herzliche und distanzierte Menschen, solche, die ihren ganzen Gefühlsteppich vor der Welt ausbreiten und solche, die alle Gefühle mit sich selbst ausmachen. Kinder müssen lernen, Gefühle zu erkennen – egal wie sie ausgedrückt werden. Dies fällt ihnen umso leichter, je mehr ihnen Gefühle vertraut sind und je mehr sie ihre eigenen Gefühle ausdrücken und einordnen können.

Die emotionale Intelligenz – kindliche Gefühle unterstützen

In den ersten Lebensmonaten und Jahren entscheidet sich, wie ein Kind mit seinen Gefühlen umgeht. Es lernt dies vom Vorbild der Eltern und deren Reaktionen auf seine Gefühlsäußerungen. Wird ein Baby umsorgt, liebevoll gehalten und mit Streicheleinheiten bedacht, fühlt es sich wohl und zufrieden und es lernt gleichzeitig von den Eltern, wie schön es ist, wenn positive und liebevolle Gefühle offen ausgedrückt werden. Dies führt langfristig keinesfalls zu einem verwöhnten Kind, sondern zu einer Persönlichkeit, die weiß, wie sich Liebe anfühlt und sie deshalb auch zurückgeben kann. Die frühkindlichen Emotionen beeinflussen das Denken und Handeln eines Menschen ein Leben lang.

Und noch einen positiven Effekt hat die Zuneigung, die Kinder erfahren. Der Botenstoff Dopamin wird ausgeschüttet – das Glückshormon, das nicht nur glücklich macht, sondern auch dafür sorgt, dass Kinder schneller und kreativer werden und über eine bessere Auffassungsgabe verfügen.

Verstand und Gefühl

Natürlich gehört auch der Verstand zum Menschen und das ist auch gut so, denn er bringt uns als einzelne Person weiter, hilft uns, Entscheidungen zu treffen und das Leben zu verstehen – und er ist ein Zensor der Gefühle. Der Verstand überprüft, ob ein Gefühl übertrieben oder gerechtfertigt ist: habe ich einfach nur ein bisschen Höhenangst oder besteht die Gefahr herunterzufallen und mich zu verletzen, wenn ich über diesen Balken balanciere? Der Verstand hilft dabei, Gefühle richtig einzuordnen. Die richtige Balance zwischen diesen Polen lernt man in der Kindheit und nur dort. Denn irgendwann gibt es hier ein festgelegtes Muster, das sich nur noch schwer verändern lässt. Dabei sind Gefühle oft die besseren Warninstrumente, da über das Gefühl erfasst wird, was dem analytischen Verstand entgeht: Ein verstecktes Schwindelgefühl, das beim Balancieren auftreten könnte oder eine rutschige Stelle, die das Auge übersieht und die zum Sturz führen könnte oder einfach eine Unsicherheit, die ebenfalls ein Gefahrenpotential darstellen kann.

Umgang mit den kindlichen Gefühlen

Eltern sollten die Gefühle ihrer Kinder ernst nehmen. Sie leben in ihrer eigenen Welt, die sich von der Welt der Erwachsenen in vielen Bereichen unterscheidet. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Emotionen. Was für ein Kind den Weltuntergang bedeutet, kostet die Eltern ein müdes Schulterzucken. Sie versuchen dann oft, das Kind abzulenken oder den Grund für den Gefühlsausbruch abzuschwächen. Was dann in Wirklichkeit passiert, ist folgendes: Das Kind fühlt sich in seinen Gefühlen nicht ernst genommen und es beginnt daran zu zweifeln, ob diese Gefühle auch richtig sind. Im Laufe der Zeit steigt die Verwirrung immer mehr. Das Kind und der spätere erwachsene Mensch verliert den Zugang zu sich selbst und weiß nicht mehr, was sich gut und richtig anfühlt.

Ein angemessenes und förderliches Verhalten besteht darin, das Kind in seinem Gefühl zu unterstützen, es zu trösten, wenn es nötig ist. Weint es aus Angst, dann ist die beste Reaktion die, die Angst ernst zu nehmen, dem Kind aber gleichzeitig zu versichern, dass man für es da ist und es beschützen wird. Weinen und Wutausbrüche machen der Seele Luft und sind wichtig, damit sich nichts im Kind aufstaut. Außerdem wird durch die Tränen ein Stresshormon abgebaut: nach dem Weinen fühlt man sich besser.

Gefühle kontrollieren

Kinder müssen ihre Gefühle ausdrücken dürfen. Werden sie ständig unterdrückt, dann traut ein Kind seinen Wahrnehmungen irgendwann nicht mehr und es können entscheidende Fehler passieren: Im Berufs- oder Privatleben wirkt sich das besonders fatal aus. Gezeigte Gefühle machen einen Menschen menschlich und für andere lebendig und einschätzbar. Allerdings müssen Gefühle auch kontrolliert werden. Auch das muss ein Kind lernen.

Gefühle zeigen erlaubt
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Dazu gehört auch, dass ein Kind einmal aus dem Zimmer geschickt wird, wenn es sich völlig in einen Wutanfall hineinsteigert. Versuchen Sie jedoch, diese „Verbannung“ nicht als Bestrafung auszudrücken, sondern formulieren Sie es besser so, dass Sie das Verhalten unangemessen finden und es selbst nicht aushalten können. Und ganz wichtig ist: hat Ihr Kind sich beruhigt und kommt von selbst wieder zurück, dann seien Sie ihm nicht böse, sondern nehmen Sie es in den Arm und stellen Sie den Frieden wieder her. Denn das ist der größte Schritt für Ihr Kind: Aus seinen starken Gefühlen selbst herauszufinden und von sich aus wieder auf Sie zuzugehen.

 

Zum Weiterlesen:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/emotionen-immer-schoen-cool-bleiben-1.478140