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Machtkämpfe zwischen Eltern und Kind – muss das wirklich sein?

Zumindest gefühlt, beginnen die Machtkämpfe mit dem Kind für viele Eltern bereits in den ersten Lebenstagen. Das Kind hat scheinbar die totale Kontrolle über Zeit und Ressourcen der Eltern. Und die Machtausübung geht weiter, je mehr das Kind seinen eigenen Willen entwickelt.

Was wir als den Wunsch nach Kontrolle und Macht interpretieren, ist in Wirklichkeit und zuvorderst nur eine Entwicklungsphase. Das Kind erkennt, dass es eigene Bedürfnisse und Wünsche hat und möchte diese verwirklichen. Lassen sich Eltern von der Illusion, dass Kinder Macht über sie ausüben wollen, überwältigen, führt das häufig zu bösen Kämpfen, die Eltern erschöpfen und deren Auswirkungen ein Kind sein Leben lang begleiten können.

Der Kampf beginnt

Kämpfe beginnen immer dann, wenn zwei ausgeprägte Wünsche einander gegenüberstehen. Der Vater möchte seinem Sohn die Schuhe anziehen, das Kind möchte dies selber tun. Welcher Wille zählt nun mehr? Und will ein Kind die Macht haben, weil es etwas selber tun will? Je nach Betrachtungsweise sind es nicht die Kinder, die Macht und Kontrolle ausüben wollen, sondern die Eltern. Mit besten Absichten natürlich, denn schließlich wissen sie meist besser, was gerade gut und richtig für das Kind ist und manchmal geht es scheinbar anders einfach nicht. Auf der anderen Seite steht ein Kind, dass sich selbst ausprobieren möchte und auch bereit ist, diesen Wunsch mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Wie finden Eltern nun aus diesem Dilemma heraus?

Die Verantwortung liegt bei den Erwachsenen

Die Erwartung, dass ein kleines Kind von sich aus den Kampf aufgibt und einlenkt, ist unsinnig und nicht haltbar. Denn die Verantwortung für die Interaktionen trägt der Erwachsene. Er ist es, der mit geeigneten Strategien aus einem Machtkampf herausfinden und einen neuen Anfang ermöglichen muss. Sich dies zu klarzumachen, ist für Eltern ein wichtiger Schritt. Und ebenso die Erkenntnis, dass es Kindern bei ihrem „widerspenstigen“ Verhalten nicht um die uns vertrauten Strukturen von Hierarchie geht. Natürlich testen sie aus, wie stark sie selbst im Vergleich zu ihren Eltern sind. Das Ziel ist jedoch nicht totale Kontrolle, sondern seine eigene Position im Familiengefüge zu finden.

Rahmen und Regeln

Um dem Forscherdrang des Kindes zu begegnen, ohne dass es zu leidvollen Kämpfen kommt, sind ein fester Rahmen und vernünftige Regeln sinnvoll. Den zu schaffen, ist in der Verantwortung der Eltern. Ebenso wie das Bemühen, sich nicht in Diskussionen (das geht auch schon mit Zwei-Jährigen) verstricken zu lassen und herauszufinden, worum es gerade wirklich geht. Ebenfalls wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu spüren: Stellen Sie fest, dass Sie gerade mit Ihrem Kind um die Oberhand kämpfen, sollten Sie eine Pause einlegen und zum Beispiel kurz aus dem Raum gehen und durchatmen. Sagen Sie Ihrem Kind, dass Sie gerade eine Pause brauchen und gleich wiederkommen, damit es nicht das Gefühl hat, für etwas bestraft zu werden, was in einer gemeinsamen Dynamik zwischen Ihnen und Ihrem Kind entstanden ist. Denn vergessen Sie nie: Zum Kämpfen gehören immer Zwei!

Es geht nicht ums Gewinnen

Erziehung an sich ist kein Kampf, in dem bestenfalls die Eltern gewinnen und das Kind verliert. Es geht um die Vermittlung von Regeln, Empathie, angemessenem Verhalten und dies sollte möglichst nicht im Kampf, sondern durch liebevolle Zuwendung umgesetzt werden. In der Praxis ist dies leichter gesagt als getan, schnell wird das Kind zum Feind und unsere eigenen erlernten Mechanismen kennen nur noch den Wunsch zu siegen. Wenn Sie einmal genau hinsehen, erkennen Sie, dass viele Konflikte mit dem Kind durch Verbote entstehen und das Potenzial viel geringer ist, wenn Sie konkret vermitteln können, was Sie gerade stört und auch welche andere Verhaltensweise Sie sich vom Kind wünschen.