Wenn am 1. August 2013 der gesetzliche Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz in Kraft tritt, können sich viele Eltern davon überhaupt nichts kaufen. Denn es werden voraussichtlich mehr als 100.000 Betreuungsplätze fehlen. Eine mögliche Alternative sind private Anbieter, doch die lassen sich ihren Service gut bezahlen.
Private Kinderbetreuung: Nicht für jeden eine Alternative
Klaus B. ist Ingenieur, seine Frau Susanne freiberufliche Journalistin. Beide arbeiten viel und oft auch zu Zeiten, die nicht kompatibel sind mit der Kita, die ihre Tochter Isabelle besucht. Die Beiden haben somit ein Problem.
Andreas G. ist Busfahrer, seine Frau arbeitet in einem Supermarkt. Wenn das Ehepaar Pech hat, muss er die Spätschicht antreten und sie bis um 20.00 Uhr arbeiten. Ihr Sohn Paul hat jedoch zu dieser Zeit keinen Platz in der Kindertagesstätte, die hat dann längst geschlossen. Auch dieses Paar steckt in Schwierigkeiten.
Unflexible Kinderbetreuung trifft alle
Eigentlich sind unsere Beispiel-Paare vor dem Gesetz gleich. Und im Grunde müssten beide gut planen können, schließlich haben sie einen Anspruch auf einen Kita-Platz, ab 1. August sogar Schwarz auf Weiß. Doch selbst wenn sie einen Platz für Ihre Kinder bekämen (was eher unwahrscheinlich ist), die Öffnungszeiten der Kitas sind oft schlimmer als die von deutschen Behörden. Für berufstätige Eltern heißt das, entweder Abstriche im Job hinzunehmen (oder ihn gar ganz aufzugeben) oder nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Die private Kinderbetreuung kann eine solche Alternative sein. Doch sie kostet, und Zuschüsse oder steuerliche Vorteile gibt es nicht oder kaum.
Gute Leistung, gutes Geld
Man möchte sich verwundert die Augen reiben. Der Nachwuchs wird von zuhause abgeholt und wieder zurückgebracht? Betreuungszeiten nach 17 Uhr sind kein Problem, und zwar das ganze Jahr über? Die Personaldecke ist beinahe verboten gut und das Essen ausgewogen und gesund? In privaten Kindertagesstätten sind derlei Angebote meist eine Selbstverständlichkeit. Allerdings kosten sie eben auch. Die Zahlen schwanken, aber zwischen 1.000 und 1.300 Euro pro Monat muss man inklusive Verpflegung schon rechnen, wenn man sein Kind privat betreuen lässt. Der Bundesverband privater Träger der Kinder-, Jugend und Sozialhilfe kämpft bereits seit Jahren dafür, dass private Einrichtungen ähnlich gefördert werden wie staatliche. Doch die Realität sieht anders aus, viele Einrichtungen werden kaum oder gar nicht gefördert. Das Ergebnis sind Preise, die nur besser Verdienende zahlen können.
Dienstleister Kindertagesstätte
Übernachtungen in der Kindertagesstätte sind eine schöne Sache. Allerdings meistens auch nur exotische Ausnahmen, die einmal im Jahr organisiert werden, um den Kleinen ein besonderes Erlebnis zu verschaffen. Bei Nachtschichten oder kurzen Dienstreisen kann eine solche Übernachtung aber auch zur Notwendigkeit werden. Private Anbieter zeigen sich hier häufig sehr flexibel. Und auch sonst wird nicht so genau auf die Uhr gesehen. Der Geschäftsführer der Münchner Wichtel Akademie, Patrick Smague, sagt: „Bei uns müssen die Eltern keine Angst haben, dass ihr Kind vor die Tür gesetzt wird, wenn sie nicht pünktlich da sind.“ Und wenn ein Flug Verspätung hat oder eine Besprechung einmal länger dauert als geplant, dann ist das eben so. Smague bringt es auf einen einfachen Punkt: „Wir sehen uns als Dienstleister.“ Die Wichtel Akademie hat seit Herbst 2010 insgesamt sieben neue Krippen und Kindergärten im Raum München eröffnet. Man sieht also, dass das Prinzip aufgeht. Fast nebenbei werden die Kids außerdem zweisprachig betreut, schließlich lernen Kinder Sprachen am schnellsten. Und am besten mit Muttersprachlern.
Familienpolitik am Bedarf vorbei?
Am 1. Januar 2012 trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die nur auf den ersten Blick eine Vereinfachung darstellt. Mussten Eltern bis dahin noch genau belegen, ob sie berufstätig sind, um die Betreuungskosten steuerlich geltend zu machen, war das nun vorbei. Auch die Frage, ob Betreuungskosten durch ausbildungsbedingte, erwerbsbedingte oder krankheitsbedingte Gründe anfielen, spielte keine Rolle mehr. Um die Kosten für Betreuung in der Steuererklärung anzugeben, ist also seit 2012 keine Prüfung mehr notwendig, sondern lediglich ein Nachweis über geleistete Zahlungen. Doch die Sache hat auch einen Haken.
Absetzbar sind heute nur noch zwei Drittel der Aufwendungen. Und die sind auf einen jährlichen Maximalbetrag von 4.000,- Euro begrenzt. Selbst wenn man vorsichtig rechnet und von 1.000 Euro pro Monat und Betreuungsplatz ausgeht, klafft eine Lücke von 8.000 Euro. Für den Großteil deutscher Familien ist das ein Betrag, der nicht im Budget enthalten ist.
Die Strafe für ein nicht gehaltenes Versprechen
In der Familie ist Planbarkeit die halbe Miete, das gilt für besser Verdienende ebenso wie für „kleine“ Angestellte. Mit genau dieser Planungssicherheit ist es jedoch vorbei, wenn man sich um einen Betreuungsplatz bemüht. In vielen Fällen bekommt man keine verbindlichen Zusagen, teilweise werden bereits ausgesprochene Plätze später widerrufen.
Beinahe zynisch wirkt sich der Umstand aus, dass die meisten Eltern überhaupt keinen gesteigerten Wert darauf legen, ihre Kinder in einer privaten Einrichtung betreuen zu lassen. Doch wenn die staatlichen Einrichtungen mit ihrem Angebot die Nachfrage nicht bedienen können, müssen betroffene Familien nach Alternativen suchen. Ob sie das wollen oder sich leisten können, rückt dabei in den Hintergrund, denn die Betreuung ist wichtig, oft sogar so wichtig, dass davon die finanzielle Existenz der Familien abhängig ist.
Mit der sogenannten „Herdprämie“, die so lange und so kontrovers diskutiert wurde, hat all das übrigens nichts zu tun. Doch sie macht deutlich, dass gut gemeinte Maßnahmen nicht immer auch funktionieren. Gleiches gilt für den gesetzlich garantierten Betreuungsplatz. Der nützt herzlich wenig, wenn er auf dem Papier existiert, in der Realität jedoch nie ankommt.