„Hilf mir, es selbst zu tun“. Dieser bewährte Leitsatz aus der Montessori-Pädagogik gilt auch fürs Essen lernen. Allerdings wird die Geduld der Eltern hier oft auf eine harte Probe gestellt. Bis Kinder „richtig“ essen können, braucht es einiges an Übung. Folgende Tipps machen es Ihnen und Ihrem Kind leichter.
Selber essen lernen – So unterstützen Sie Ihr Kind
Kinder lernen das manierliche Essen am besten durch das Vorbild der Eltern und so früh wie möglich durch eigenes Üben. Das klappt natürlich nicht auf Anhieb und Eltern brauchen daher einen langen Atem. Neben der Geduld ist eine harmonische Atmosphäre bei den gemeinsamen Mahlzeiten wichtig, damit Ihr Kind nicht nur lernt, wie man ordentlich isst, sondern auch wie man das Essen genießt.
Von Anfang an mit dabei
Wenn Sie Ihr Kind schon dann an den Mahlzeiten teilnehmen lassen, wenn es noch gar nicht mitisst, verschaffen Sie ihm und sich einen Vorsprung. Kinder schauen vieles ab und merken sich Vorgelebtes für später. Kommt dann der Zeitpunkt, an dem es die ersten Mahlzeiten im Hochstuhl mit Ihnen zusammen einnimmt, dann weiß es schon Bescheid: Je nachdem, welche Regeln bei Ihnen gelten, hat es vielleicht schon gelernt, dass am Tisch Ruhe und eine geruhsame Atmosphäre herrscht oder dass mit dem Essen erst begonnen wird, wenn alle am Tisch sitzen. Oft fällt es Eltern gar nicht auf, dass Ihr Kind einige Tischregeln schon ganz selbstverständlich beachtet – schauen Sie genau hin und loben Sie Ihr Kind mehr für das, was es richtig macht als es für seine Fehler zu schimpfen.
Gleiche Regeln für alle
Kinder brauchen Regeln und Rituale. Vereinbaren Sie mit Ihrer Partnerin und den älteren Geschwistern feste Tischregeln, an die sich alle halten. Welche das sind, müssen Sie selbst entscheiden, wichtig ist, dass die Regeln von allen konsequent eingehalten werden. Wenn Sie feststellen, dass Ihr Kind am Tisch Dinge tut, die Sie stören, schauen Sie erst einmal bei sich selbst oder Ihrer Partnerin nach: Steht Ihr Kind ständig auf, um dieses und jenes zu holen oder noch eben schnell zu erledigen? Wahrscheinlich hat es sich das abgeschaut. Oft sind die Mütter diejenigen, die während der Mahlzeit noch das vergessene Salz holen, die Schüsseln wieder auffüllen oder schon mal die ersten Teller abräumen – kein Wunder, wenn Ihr Kind dieses Verhalten nachahmt, sie können ihm das nicht verübeln.
Genuss beim Essen
Essen soll Spaß machen und schmecken. Dazu braucht es eine harmonische Atmosphäre. Fernseher oder Radio sollten abgeschaltet sein, Spielzeug und auch die Tageszeitung haben am Essenstisch ebenfalls nichts verloren. Essenszeit kann wertvolle Familienzeit sein, in der große Aufmerksamkeit füreinander herrscht. In dieser Atmosphäre lernt ein Kind gerne das manierliche Essen und lässt sich auch leichter etwas sagen bzw. beibringen.
Zur genussvollen Mahlzeit gehört auch, dass mit Ruhe und Zeit gegessen wird. Vermeiden Sie anstrengende Themen und Diskussionen und lassen Sie sich vor allem nicht auf Machtkämpfe ein. Die entstehen leicht, wenn ein Kind bestimmte Speisen verweigert, Sie aber darauf bestehen, dass es Sie isst. „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt!“ ist längst nicht mehr zeitgemäß. Allerdings sollten Sie Ihr Kind immer mal wieder dazu anhalten, Neues zu probieren. Beachten Sie dabei, dass in der Regel erst nach acht- bis zehnmaligem Kosten die Entscheidung fällt, ob etwas schmeckt oder nicht.
Hilfestellungen fürs Kind
Binden Sie das Kind mit in den Prozess der Mahlzeiten mit ein. Lassen Sie es mitkochen und den Tisch mit decken und auch wieder abräumen – alles altersgerecht natürlich.
Wenn Sie Ihrem Kind beim Essen selbst Tipps geben wollen, erklären Sie ihm gleich, was damit erreicht wird. Statt „Iss über dem Teller!“ sagen Sie lieber: „Wenn Du mit dem Mund über dem Teller isst, dann plumpst das Essen nicht auf Deine Kleider, wenn mal was herunterfällt.“
Sobald Ihr Kind danach verlangt, sollten Sie ihm auch Besteck (am Anfang am besten nur einen Löffel) überlassen. Ein Esslernbesteck ist überflüssig, verwenden Sie einen Plastik- oder Holzlöffel, der gut in den Kindermund passt.
Isst Ihr Kind lieber mit den Fingern als mit dem Besteck, dann flippen Sie nicht aus, schimpfen oder strafen Sie nicht. Regen Sie es jedoch immer wieder dazu an, das Besteck zu benutzen. Mit der Zeit kommen die Finger immer weniger und das Besteck immer mehr zum Einsatz.
Auch wenn es schwerfällt: Nerven Sie Ihr (Klein)-Kind nicht damit, dass es noch nicht so gut essen kann wie Sie und ständig etwas herunterfällt. Es macht das in der Regel nicht mit Absicht, sondern weil es noch mitten in diesem schwierigen Lernprozess steckt.
Selbstständig essen – von Anfang an
Auch wenn es Mühe macht - lassen Sie Ihr Kind von Anfang an selber essen und so früh wie möglich mit Besteck hantieren. Um den Reinigungsaufwand danach in Grenzen zu halten und damit Sie selbst in Ruhe essen können, können Sie ihm anfangs während der gemeinsamen Mahlzeiten eher unkomplizierte Lebensmittel zur Verfügung stellen: einige weichgekochte Nudeln oder Möhrenstückchen zum Aufpicken mit den Fingern oder ein Stück trockenes Brot (kein Vollkornbrot). Ist Ihr Kind etwas geschickter, können Sie ihm Brei plus Löffel überlassen – machen Sie sich hier aber auf eine mittelschwere Sauerei gefasst. Der Umgang mit Essen und Besteck ist nicht leicht und es wird einige Jahre dauern, bis Ihr Kind das so souverän beherrscht wie ein Erwachsener. Je früher es damit anfängt, umso schneller geht es.
Vermeiden Sie es möglichst, Ihrem Kind die Hand mit dem Löffel zu führen. Das befriedigt zwar unser Bedürfnis, irgendetwas zu tun, um dem Kind zu helfen, hilft ihm aber selbst nicht wirklich. Nachhaltiger und freier findet der Lernprozess statt, wenn es selbst ausprobieren darf, wie es am besten geht. Dies gilt übrigens nicht nur fürs Essen, sondern für alles, was Ihr Kind im Leben zu lernen hat.