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Das 30-Tage-Experiment – Allein zu Haus mit Kindern, Teil 2

Ist die Arbeit eines Hausmannes mit einem „richtigen“ Job zu vergleichen? In einem 30tägigen „Selbstversuch“ ist der Autor dieser Frage nachgegangen und zu erstaunlichen Einsichten und Erkenntnissen gelangt.

Hier gehts zu Teil 1 des Berichts:


Ist die Rolle des Vollzeit-Hausmanns nun vergleichbar mit einem „richtigen Job“?

Ich habe lange über diese Frage nachgedacht und ich meine:  Nein, das ist sie nicht.
Den Begriff Arbeit verbinde ich mit fortwährenden körperlichen und/oder geistigen Tätigkeiten, und genau dieser Umstand ist meiner Meinung in der Rolle des Hausmannes nicht gegeben.
Natürlich fällt, speziell mit einem Kleinkind, jede Menge Hausarbeit an. Aber letztlich konnte ich entscheiden, wann und wie viel ich davon erledige. Niemand drängte mich. Und seien wir ehrlich, die Hausarbeit steht auch an, wenn man tagtäglich ins Büro oder sonst wohin zur Arbeit fährt.

Von geistiger Belastung kann auch keine Rede sein, im Gegenteil, die fehlte mir doch sehr.
Die Kommunikation mit meinem Sohn beschränkte sich auf nur wenige Worte seinerseits und permanenten Wortwiederholungen meinerseits.
Gerade mit kleinen Kindern ist doch sehr viel Geduld und Nervenstärke gefragt, speziell, wenn sie die ersten Worte erlernen. Vergeblich habe ich in dieser Zeit meinem Sohn (großer Auto-Fan) das Wort „Auto“ beizubringen versucht. Er behauptet bis heute, es handele sich dabei vielmehr um ein „Dudu“ und ich müsse wohl einem grundsätzlichen Irrtum unterliegen.
Ja, und so war ich immer wieder froh, wenn ich meine Tochter aus der Schule abholen konnte und richtige Gespräche für Abwechslung sorgten.

Dennoch, bevor ich als Macho gebrandmarkt und von Alice Schwarzer mit einem Fluch belegt werde, möchte ich ein großes ABER hinterherschicken.


Wirklich nervenaufreibend

Diese Zeit war trotzdem außerordentlich anstrengend für mich. Und damit meine ich nicht die Bewältigung des Haushalts. Es war vielmehr die permanente Anspannung, die mich durch den Tag begleitet hat. Es ist schon sehr nervenaufreibend, ständig darauf zu achten, dass a) dem eigenen Kind nichts passiert und b) andere Menschen und Gegenstände durch die kleinen Racker nicht zu Schaden kommen.

Auch wenn unsere Wohnung weitestgehend kindersicher ist, lauern die Gefahren doch überall.
„Messer, Schere, Licht, sind für kleine Kinder nicht.“ Soweit die Theorie, in der Praxis lässt sich das nicht immer umsetzen. Und jede Nachlässigkeit kann sich bitter rächen. Wobei ich sagen muss, dass in meiner Betreuungszeit kein nennenswerter Schaden entstand. Die Blumenvase mochten wir ohnehin nicht und den Riss in der Couch (Nagelscheren sollte man auch für einen kurzen Moment nicht liegen lassen!) sieht man kaum. Übrigens, in dem genannten Kinderreim fehlt eindeutig das Element „Wasser“. Kaum zu glauben, was knapp zweijährige Kinderhände damit anrichten können …

Die beständige Anspannung ist immer da, ganz besonders, wenn man die heimische Wohnung verlässt. Und so war es meine tägliche Aufgabe, unseren erkundungsfreudigen Sohn vor rücksichtslosen Radfahrern, unbekannten Strauchfrüchten und der uns immer wieder begegnenden Hundescheiße auf dem Fußweg zu beschützen. Auch auf dem Spielplatz setzte sich meine Hab- Acht-Haltung unentwegt fort. Jedes Kind, das sich meinem Sohn mit hoch erhobener Schaufel näherte, wurde von mir kritischer beäugt, als das bei einer Flughafenkontrolle je der Fall sein könnte. Dazu kommt, dass Kinder in diesem Alter sehr experimentierfreudig sind. Und für meinen Sohn gilt das in besonderem Maße. Kein Klettergerüst ist ihm zu hoch, keine Treppe zu tief und kein Hund zu fremd. „Risiko“ könnte sein zweiter Vorname sein und mehr als einmal dachte ich, ich müsse einen Lemming von seinem letzten Vorhaben abbringen.


Sex verliert an Bedeutung

Das alles ist wirklich strapaziös und zehrt an den Nerven. Ja, ich behaupte sogar, die Kinderbetreuung, speziell im Kleinkindalter, ist aufreibender als die meisten Jobs mit gültigem Arbeitsvertrag.
Apropos, vor diesem Hintergrund verliert auch das Thema „Sex in der Partnerschaft“ ein wenig an Bedeutung.

Wer von von früh bis spät mit Kind(ern) und Haushalt beschäftigt ist, überlegt sich schon sehr genau, wie die verbleibenden zwei bis drei Stunden am Abend zu nutzen sind. Denn es ist in der Tat die einzige Zeit des Tages, die nur einem selbst gehört. Und wenn am Ende des Tages die letzte Windel gewechselt, die letzte Ladung Teller im Geschirrspüler verstaut und die letzte Gutenacht-Geschichte verklungen ist, dann will man nur noch eins: Ruhe. Und zwar möglichst viel davon.


Man vergleicht Äpfel und Birnen

Meiner Meinung nach kann man die Rolle des Kinder betreuenden Hausmannes auch nicht mit einem „richtigen“ Job gleichsetzen. Der Vergleich mit Äpfeln und Birnen liegt hier sehr nahe.
Auf der einen Seite steht ein (meist) geregelter Arbeitsalltag, der, je nach dem, mit körperlichen oder geistigen Mühen verbunden ist und ab und an von den tariflich festgelegten Pausenzeiten unterbrochen wird.
Bei einem Hausmann mit Kleinkind ist das alles nicht der Fall. Aber auch wenn er nicht zu geistigen Höhenflügen genötigt oder mit einem Presslufthammer bewaffnet, physische Höchstleistungen erbringen muss, so ist seine psychische Belastung nicht von der Hand zu weisen.
Pausenzeiten gibt es kaum und 17 Uhr ist mit Sicherheit nicht Dienstschluss. Denn auch wenn die Hausarbeit irgendwann erledigt ist; die ständige Sorge um das Wohlergehen des eigenen Kindes reicht bis tief in die Nacht. Jeder schlechte Traum, jeder Hustenanfall oder gar Kinderkrankheiten (die sich gern mal die Klinke in die Hand geben) sorgen dafür, dass an ein entspanntes Ausschlafen nicht zu denken ist.
Und Sie können mir glauben, liebe Väter, ich weiß, wovon ich rede.


R-E-S-P-E-C-T

Nicht zuletzt deshalb gilt meine größte Hochachtung und Bewunderung all jenen Vätern und Müttern, die alleinerziehend sind und daneben möglicherweise noch einem Beruf nachgehen.
Wer sich einer solchen Aufgabe stellt, oder besser gesagt, stellen muss und diese erfolgreich meistert, vollbringt eine fantastische Leistung, die man nicht hoch genug würdigen kann.

In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen Lesern dieses Beitrages, wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg bei der Bewältigung Ihrer großen und kleinen alltäglichen Aufgaben.

 


Der Autor:
Daniel Polzer arbeitet als freiberuflicher Texter und Werbetexter.
Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt er in Leipzig.