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Entscheidung zum Auskunftsanspruch des sogenannten Scheinvaters gegen die Mutter

Der Bundesgerichtshof öffnet den Weg zum Auskunftsanspruch des sog. Scheinvaters gegen die Mutter zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses gegen den biologischen Vater.

Vor einiger Zeit wurde das Verfahren zur Klärung der Verwandtschaftsverhältnisse eingeführt. So konnte man wenn nötig legal erfahren, ob es mit der Vaterschaft seine Richtigkeit habe. Damit blieb aber die Frage nach dem biologischen Vater und einem möglichen Regress gegen diesen ungeklärt. Hinweise aus dem Bekanntenkreis genügten nicht, um gegen den biologischen Vater vorzugehen. Nun hat der Bundesgerichtshof, AZ:  XII ZR 136/09, entschieden, dass dem Scheinvater nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung und zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses ein Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über den Mann zusteht, der ihr in der Empfängniszeit beigewohnt hat.

Solche Situationen sind nicht einmal selten. Erst unlängst konnten wir ein Verfahren abschließen, in dem der Scheinvater für das inzwischen volljährige Kind über 60.000 EUR an Unterhalt aufgewendet hatte. Stellt das Familiengericht auf der Grundlage eines  Vaterschaftsgutachtens im Anfechtungsverfahren fest, dass der den Unterhalt Zahlende  nicht der Vater ist, gehen die Unterhaltsansprüche gegen den leiblichen Vater nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB in Höhe des geleisteten Unterhalts auf den Kläger über und können im Wege des Regresses von diesem leibliche Vater des Kindes verlangt werden. Zu diesem Zweck hat der Scheinvater in dem vom BGH entschiedenen Fall von der Mutter Auskunft zur Person des leiblichen Vaters verlangt. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt, wer ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung: die Mutter schuldet dem Scheinvater Auskunft

Der Bundesgerichtshof hat auch die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Auskunft über die Person, die ihr in der fraglichen Zeit beigewohnt hat. Ein solcher Anspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass auf der Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der andere Teil unschwer in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen hat der BGH als erfüllt angesehen. Die Beklagte kann dem Kläger unschwer den Mann benennen, der ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat (und inzwischen sogar Kindesunterhalt leistete). Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Auskunftsparteien ergibt sich aus dem auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis.

Zwar berührt die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des Vaters ihres Kindes das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Dieser Schutz ist nach Art. 2 Abs. 1 GG aber seinerseits eingeschränkt durch die Grundrechte anderer. Ein unzulässiger Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt nicht vor, weil die Auskunftspflichtige bereits durch ihr früheres Verhalten Tatsachen ihres geschlechtlichen Verkehrs während der Empfängniszeit offenbart hatte, die sich als falsch herausgestellt haben. Damit hatte sie zugleich erklärt, dass nur der Kläger als Vater ihres Kindes in Betracht kam und diesen somit zum Vaterschaftsanerkenntnis veranlasst. In einem solchen Fall wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig nicht stärker als der ebenfalls geschützte Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung.

 

©Sibylle Cavar-Weigl, Reinald Harnisch

 
 

Reinald Harnisch ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht. Gemeinsam mit Sibylle Cavar-Weigl, ebenfalls Fachanwältin für Familienrecht, betreibt er das "anwaltskontor" in München, eine auf Familienrecht spezialisierte Kanzlei. Mehr Informationen finden Sie unter www.anwaltskontor.com