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Mein Kind wird volljährig – die wichtigsten Fragen zum Unterhalt ab 18

Für die meisten Eltern ist es ganz selbstverständlich, dass sie ihre Kinder auch noch nach dem 18. Geburtstag finanziell unterstützen. Wenn es nach dem Gesetzgeber geht, endet die Unterhaltspflicht allerdings meistens mit Abschluss der Berufsausbildung. Hier eine Übersicht über Anspruch eines erwachsenen Kindes auf Unterhalt und dessen Höhe.

Besonders bei getrennt lebenden Elternpaaren gibt es häufig Streit über den Unterhalt für erwachsene Kinder. In diesem Beitrag erfahren Sie die wichtigsten Grundlagen zum Volljährigenunterhalt.

 

Wie lange hat ein Kind Anspruch auf Unterhalt?

Verwandte gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 BGB). Entgegen landläufiger Meinungen endet die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern aber nicht automatisch mit der Volljährigkeit, weil es laut Gesetz keine feste Altersgrenze gibt. Vielmehr müssen Eltern ihre Kinder solange finanziell unterstützen, wie sie unverschuldet nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können.

Das bedeutet aber durchaus nicht, dass der Nachwuchs endlos und in jedem Fall von den Eltern zu alimentieren ist. Ein Unterhaltsanspruch für erwachsene Kinder besteht nämlich nur in folgenden Ausnahmefällen:
Das Kind

  • geht zur Schule
  • macht eine Ausbildung
  • studiert
  • kann aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten
  • ist unverschuldet arbeitslos

Was sich einfach anhört, führt in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten. Wie ist beispielsweise die Unterhaltspflicht zu beurteilen, wenn das Kind

  • nach dem Schulabschluss eine Auszeit nimmt (z. B. für eine Weltreise)
  • ein freiwilliges soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst absolviert
  • nach dem Studium promoviert
  • als Au-Pair ins Ausland geht
  • die Lehre abbricht
  • sich ewig Zeit für das Studium lässt
  • das Studienfach (mehrfach) wechselt
  • keine Lust auf Arbeit hat
  • schwanger wird

Derartige Fälle sind konfliktträchtig und werden von den Gerichten höchst unterschiedlich betrachtet. Schließlich gilt der Grundsatz, dass die Unterhaltspflicht der Eltern mit  Abschluss der ersten berufsqualifizierenden Ausbildung endet. Demzufolge gibt es kein Anrecht auf Geld, wenn das Kind etwas macht, was nichts mit einer Ausbildung zu tun hat (z. B. freiwilliges soziales Jahr oder Bundesfreiwilligendienst). Streitfälle können aber auch dann entstehen, wenn der Nachwuchs einen „exotischen“ Lebenslauf wählt oder erst über Umwege zu seinem endgültigen Beruf kommt (beispielsweise Abitur-Lehre-Studium oder Lehre-Abitur-Studium).

Der Gesetzgeber geht im Grundsatz davon aus, dass ein gesunder erwachsener Mensch selbst für sich sorgen kann. Ein volljähriger Unterhaltsberechtigter soll daher alles dafür tun, um finanziell möglichst schnell auf eigenen Beinen zu stehen. Zwar müssen Eltern in einem bestimmten Rahmen auch Rücksicht auf die Fähigkeiten und Neigungen ihrer Kinder nehmen. Diese haben sich im Gegenzug aber an den Belangen der Eltern, sprich deren finanziellen Möglichkeiten zu orientieren.

Wie viel Unterhalt bekommt ein volljähriges Kind?

Die Höhe des monatlichen Unterhalts hängt davon ab, ob ein volljähriges Kind noch zuhause lebt oder schon eine eigene Wohnung hat:

  • Kinder im Haushalt der Eltern erhalten Unterhalt nach Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle. In diesem Fall kommt es auch auf deren Einkommen an, weil solche Kinder den Lebensstandart ihrer Eltern teilen. Wie hoch der Unterhalt ist und wie das Elterneinkommen berechnet wird, können Sie in diesem Artikel nachlesen.
  • Kinder mit eigener Wohnung haben schon eine eigene Lebensstellung erreicht. Ihr Unterhaltsbedarf beträgt unabhängig vom elterlichen Verdienst pauschal 670 Euro, in denen bis zu 280 Euro für Miete enthalten sind.

Mit diesen Unterhaltsbeträgen wird nur der Grundbedarf abgedeckt. Unter Umständen muss ein Unterhaltspflichtiger zusätzlich für eine Krankenversicherung sowie Studiengebühren aufkommen.

Was passiert mit eigenen Einkünften des Kindes?

Nur wer bedürftig ist, bekommt Unterhalt. Falls ein volljähriges Kind eigene Einkünfte hat, vermindern diese grundsätzlich seinen Unterhaltsanspruch. Im Einzelnen gilt dabei Folgendes:

  • Das Kindergeld (derzeit 184 Euro im Monat) gilt in voller Höhe als Einkommen des Kindes und wird entsprechend auf den Bedarf angerechnet.
  • Bei Lehrlingen wird die Auszubildungsvergütung nach Abzug eines anrechnungsfreien Betrages für berufsbedingte Kosten (90 Euro/Monat) voll auf den Unterhaltsbedarf angerechnet.
  • Schüler und Studenten müssen nicht arbeiten, sondern sollen sich voll auf Schule oder Studium konzentrieren. Tun sie es trotzdem, spricht man von „überobligatorischen Einkünften“. Diese werden auf den Unterhaltsbedarf angerechnet, sofern es sich nicht um einmalige Einnahmen handelt oder solche, mit denen lediglich das Taschengeld aufgebessert wird. Die Anrechnung erfolgt nach Billigkeit, was meistens die Hälfte bedeutet. Voraussetzung ist aber, dass die Eltern überhaupt den vollen geschuldeten Unterhalt bezahlen. Ebenfalls mindernd auf den Unterhalt wirkt sich der Bezug von BAföG-Leistungen (Darlehens- und Zuschussanteil) aus.

Beispiel:
Ein Student mit eigener Wohnung bekommt nur 400 Euro Unterhalt, weil seine Eltern nicht den vollen Unterhalt von 670 Euro bezahlen können. Er kellnert nebenbei für 450 Euro im Monat.
Zunächst wird der Verdienst um die erwerbsbedingten Mehrkosten (mindestens 60 Euro) gekürzt. Von den restlichen 390 Euro (450 Euro ./. 60 Euro) bleiben weitere 270 Euro für den ungedeckten Unterhaltsbedarf (670 Euro ./. 400 Euro) unberücksichtigt. Es verbleiben demnach 120 Euro, von denen sich der Student     aber nur die Hälfte (60 Euro) anrechnen lassen muss.

Wieviel Geld muss einem Unterhaltspflichtigen bleiben?

Wer Unterhalt zahlt, darf einen bestimmten Betrag für sich behalten, um damit den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wie hoch dieser sogenannte Selbstbehalt ist, hängt davon ab, ob es sich um ein privilegiertes oder nicht privilegiertes volljähriges Kind handelt:

  • Privilegierte Volljährige sind unverheiratete Kinder, die sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden und noch im Haushalt der Eltern wohnen. Ihnen gegenüber beträgt der Selbstbehalt monatlich 1.080 Euro, in denen bis zu 380 Euro für Miete enthalten sind. Dieser Betrag ist identisch mit dem Selbstbehalt bei minderjährigen Kindern.
  • Bei nicht privilegierten Volljährigen (z. B. Auszubildenden) beträgt der Selbstbehalt monatlich 1.300 Euro (inklusive 480€ Miete)

Der Selbstbehalt kann im Einzelfall erhöht werden. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die notwendigen Mietkosten höher sind als die im Selbstbehalt enthaltenen Beträge, weil der Unterhaltspflichtige beispielsweise keine günstigere Wohnung findet.

Wie wird der Unterhalt zwischen den Elternteilen aufgeteilt?

Bei minderjährigen Kindern bezahlt normalerweise nur ein Elternteil den Barunterhalt, während der andere seine Unterhaltspflicht ausschließlich durch Sachleistungen (Betreuung, Wohnung, Verpflegung, etc.) erfüllen kann. Nachdem mit der Volljährigkeit das Sorgerecht erlischt, brauchen erwachsene Kinder auch keine Betreuung mehr. Daraus folgt, dass nunmehr beide Elternteile barunterhaltspflichtig werden.

War bisher nur das Einkommen des zahlenden Elternteils von Bedeutung, so wird ab dem 18. Geburtstag der Verdienst von Vater und Mutter interessant. Allerdings ist es keineswegs so, dass jeder zur Hälfte für den Kindesunterhalt aufkommen muss. Vielmehr haftet jeder Elternteil nur anteilig nach seinem Einkommen.

Beispiel:
Eine 17-jährige Schülerin lebt bei der Mutter. Der Vater erzielt ein Nettoeinkommen von 2.000 Euro, während die Mutter als Teilzeitkraft nur 1.000 Euro verdient.
Aktuell zahlt nur der Vater einen Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle in Höhe von 392 Euro (Altersstufe 3, Einkommensgruppe 3 = 484 Euro ./. hälftiges Kindergeld 92 Euro). Das Einkommen der Mutter spielt keine Rolle.
Ab dem 18. Geburtstag werden die Einkommen beider Elternteil zusammengerechnet (2.000 Euro + 1.000 Euro = 3.000 Euro). Somit ergäbe sich ein Unterhaltsanspruch von 421 Euro (Altersstufe 4, Einkommensgruppe 5 = 605 Euro ./. volles Kindergeld 184 Euro).
Anschließend wird das verfügbare Einkommen jedes Elternteiles ermittelt:
Vater: Nettoverdienst 2.000 Euro ./. 1.080 Euro Selbstbehalt = 920 Euro
Mutter: Nettoverdienst 1.500 Euro ./. 1.080 Euro Selbstbehalt = 420 Euro
Das Gesamteinkommen beträgt 1.340 Euro, mit dem die beiden Elternteile im Verhältnis 920:420 für den Unterhalt in Höhe von 421 Euro haften:
Vater: 421 Euro x 920 Euro / 1.340 Euro = 289 Euro (gerundet)
Mutter: 421 Euro x 420 Euro / 1.340 Euro = 132 Euro (gerundet)

Es mag ungerecht erscheinen, dass der besser verdienende Elternteil mehr zum Unterhalt beisteuern soll als derjenige, der nur Teilzeit arbeitet. Hier stellt sich die Frage, ob ein sogenanntes fiktives Einkommen unterstellt werden kann. Das ist Einkommen, welches bei entsprechenden Bemühungen erzielt werden könnte. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass sich ein Elternteil „armrechnet“, indem er ohne triftigen Grund seine Arbeitszeit verringert bzw. nicht aufstockt.

Häufig kommt es auch vor, dass erwachsene Kinder weiterhin bei einem Elternteil wohnen bleiben. Selbstverständlich können dann die erbrachten Sachleistungen (Verpflegung, Wohnung, etc.) mit dem Barunterhalt aufrechnet werden. Auf die Unterhaltspflicht des anderen Elternteils hat das aber keinen Einfluss.

Was ist, wenn es noch weitere Unterhaltsberechtigte gibt?

In Zeiten von Patchworkfamilien kann es vorkommen, dass ein Unterhaltspflichtiger gleichzeitig mehrere Verpflichtungen hat. Damit sind insbesondere die Fälle gemeint, bei denen es neben dem volljährigen Kind noch weitere (Halb)-Geschwister gibt, die ebenfalls unterhaltsberechtigt sind. Hier ist zu klären, wer wieviel vom Kuchen abbekommt, also wie das verfügbare Einkommen verteilt wird. Das Unterhaltsrecht hat deshalb die Berechtigten in Ränge eingeteilt:

•    Stufe 1:
Minderjährige Kinder und privilegierte volljährige Kinder (unabhängig davon, ob sie ehelich oder nicht ehelich sind und aus welcher Beziehung sie stammen)

•    Stufe 2:
Elternteile, die wegen Kinderbetreuung unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung wären

•    Stufe 3:
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die keine Kinder betreuen

•    Stufe 4:
Sonstige (nicht privilegierte) Kinder

Zunächst sind immer die Unterhaltsansprüche einer Stufe zu befriedigen. Erst wenn dann noch Geld vorhanden ist, kommen die Berechtigten der nächsten Stufe zum Zug. Reicht das Einkommen nicht einmal aus, um alle Ansprüche derselben Rangstufe zu bedienen ohne den Selbstbehalt zu unterschreiten, so kommt es zum sogenannten Mangelfall. Das verfügbare Einkommen wird dann nach Quoten verteilt. Die Rangfolge macht deutlich, dass insbesondere nicht privilegierte Volljährige denkbar schlechte Aussichten auf Unterhalt haben.

Beispiel:
Ein unterhaltspflichtiger Vater verdient monatlich 1.600 Euro mit seinem Vollzeitjob, eine Nebentätigkeit ist nicht zumutbar. Er ist 2 Kindern (8 Jahre und 14 Jahre) zum Unterhalt verpflichtet.
Nach der Düsseldorfer Tabelle hätte der Mann rechnerisch 673 Euro (303 Euro + 370 Euro) zu zahlen. Nachdem ihm jedoch ein Selbstbehalt von 1.080 Euro verbleiben muss, stehen für Unterhaltszwecke nur 520 Euro zur Verfügung (1.600 Euro ./. 1.080 Euro). Bezogen auf sein Einkommen kann der Mann also nur etwa 77 Prozent des eigentlich geschuldeten Unterhalts bezahlen (520 Euro / 673 Euro x 100). Die Unterhaltsbeträge werden entsprechend gekürzt, so dass lediglich 234 Euro bzw. 286 Euro bezahlt werden müssen.

Was gibt es verfahrenstechnisch zu beachten ?

Einem Unterhaltsanspruch liegt in der Regel ein entsprechender Titel zugrunde. Das ist ein Dokument, mit dem man die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Ab der Volljährigkeit muss man im Unterhaltsverfahren einige Besonderheiten beachten:

  • Gibt es bereits einen unbefristeten Titel (Urteil, Vergleich, Jugendamtsurkunde, etc.) über den Minderjährigenunterhalt, so gilt dieser über den 18. Geburtstag hinaus weiter. Keinesfalls sollte man die Zahlung einfach einstellen, weil man sonst die Zwangsvollstreckung riskiert. Wird der Titel mit der Volljährigkeit nicht freiwillig herausgegeben, muss der Schuldner dessen Aufhebung oder Abänderung beim Familiengericht beantragen. Im folgenden Verfahren muss das Kind seine Bedürftigkeit beweisen. Dazu gehört auch, dass es zum Einkommen beider Elternteile sowie deren Haftungsquote vorträgt.
  • Erwachsene Kinder sind voll geschäftsfähig und müssen sich selbst um ihren Unterhalt bemühen. Auch das Jugendamt bietet keine Unterstützung mehr, weil eine eventuelle Beistandschaft mit dem 18. Geburtstag automatisch endet. Nachdem sich der Unterhaltsanspruch nunmehr gegen beide Elternteile richtet, kann ein Kind beispielsweise auch nicht den früheren Rechtsanwalt eines Elternteils beauftragen, der aufgrund von Interessenskonflikten nicht tätig werden dürfte.
  • Um seine Unterhaltsansprüche geltend machen zu können, hat ein Kind einen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegen beide Elternteile hinsichtlich deren Einkommen (§ 1605 BGB). Damit sich ein Elternteil verteidigen kann, muss er aber die Einkommensverhältnisse des jeweils anderen kennen. Das Kind hat deshalb wechselseitig die Einkommen preiszugeben. Die Elternteile selbst sind untereinander nämlich nicht auskunftspflichtig.

Kann man Kindesunterhalt von der Steuer absetzen ?

Kindesunterhalt kann man grundsätzlich nicht steuermindernd geltend machen, weil nach Meinung des Gesetzgebers mit dem Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld sämtliche Aufwendungen abgegolten sind. Das gilt auch für Elternteile, die das Kindergeld nicht selbst ausbezahlt bekommen.

Eine Ausnahme gibt es lediglich bei Kindern, für die kein Kinderfreibetrag oder -geld mehr zusteht, weil sie beispielsweise älter als 25 Jahre sind. In diesem Fall kann man Unterhaltsleistungen bis zu 8.354 Euro im Jahr als außergewöhnliche Belastung (§ 33a EStG) in der Steuererklärung geltend machen - allerdings vermindert um deren eigene Einkünfte.