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Wenn das Kind nicht bleiben will – Eingewöhnungsstrategien für Kinderkrippe und Kindergarten

Zum Glück verläuft der Übergang meist problemlos. Der Großteil der Kinder gewöhnt sich schnell und vergleichsweise reibungslos an die Kinderkrippe oder den Kindergarten. Manche Kinder sind allerdings anders: Ihnen fällt der Abschied von den Eltern schwer und sie brauchen eine Weile, bis sich Vertrauen und Wohlgefühl einstellen.

Mag das Kind partout nicht alleine in der Einrichtung bleiben, sollten sich zuallererst die Eltern genau prüfen: Vor allem Mütter tun sich häufig schwer, den Nachwuchs loszulassen. Die Kinder spüren das sehr genau und entwickeln dann ebenfalls einen Widerwillen. Damit herzzerreißende Abschiedsszenen und bittere Tränen möglichst die Ausnahme bleiben, können Eltern so einiges tun.

 

Das Berliner Modell

Beim Berliner Modell erfolgt die Übergabe des Kindes an den Kindergarten oder die Kinderkrippe in verschiedenen Phasen. Wie lange die Stufen dieses Modells insgesamt dauern, hängt vom Kindesalter ab. Bei Kindern unter drei Jahren sollten Sie von einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen für die komplette Eingewöhnung ausgehen.

  • In der Grundphase, die über die ersten drei Kindergartentage verläuft, gehen ein oder beide Elternteile gemeinsam mit dem Kind in den Kindergarten und schauen sich dort alles genau an. Jeden Tag wird die Verweildauer etwas erhöht. Weiterer Bestandteil dieser ersten Phase ist, dass mehr und mehr die Erzieherinnen die Betreuung übernehmen, während die Eltern in den Hintergrund rücken.
  • Die zweite Phase des Berliner Modells wird als Stabilisierungsphase bezeichnet. Sie dauert etwa vom vierten bis zum zehnten Tag. Jetzt werden langsam die Zeiten erhöht, in denen das Kind ohne Eltern in der Einrichtung bleibt. Mindestens ein Elternteil ist jedoch ganz in der Nähe und schnell erreichbar.
  • Schließlich folgt die Schlussphase. Das Kind bleibt allein im Kindergarten, die Eltern können jedoch immer noch jederzeit kommen, wenn das Kind Bedarf hat.

Dieses Modell zeichnet sich durch eine große Flexibilität aus, die einzelnen Phasen können in ihrer Dauer auf das Kind abgestimmt werden. Dadurch, dass die Eltern erreichbar sind, verliert das Kind in der Regel schnell seine Verlustängste und kann Vertrauen zu den Bezugspersonen aufnehmen. Allerdings funktioniert auch diese Form der Eingewöhnung nur dann, wenn das Kind schon bereit und reif dafür ist, allein im Kindergarten oder in der Krippe zu bleiben.

Die Qualität der Eltern-Kind-Bindung

Wie leicht oder schwer es einem Kind fällt, hängt im hohen Maße auch von der Art der Eltern-Kind-Bindung ab. Abhängig vom eigenen in der Kindheit erlernten Bindungsmuster reichen wir dies meist an unsere Kinder weiter. Interessant ist, dass Kinder, die sich scheinbar leicht von den Eltern trennen, nicht unbedingt bindungssicher sein müssen. Oft ist es gerade dann besonders schwer für die Kleinen. Sie haben gelernt, dass sie ihre Ängste nicht zeigen dürfen und wirken scheinbar gelassen, wenn sie in den Kindergarten oder die Krippe gebracht werden. In Wirklichkeit leiden sie sehr. Das oben beschriebene Berliner Modell funktioniert daher besonders gut bei bindungssicheren Kindern. Diese Kinder tasten sich vom sicheren Schoß der Mutter aus langsam vor und erweitern nach und nach ihren Spielraum.

Wenn Mütter nicht loslassen können

Wenn sich herausstellt, dass das Problem bei der Mutter – oder auch beim Vater – liegt und es einem Elternteil schwerfällt, das Kind in die Selbstständigkeit abzugeben, gibt es eine verblüffend einfache Lösung. Jemand anderes bringt das Kind. Das kann wenn möglich der jeweils weniger belastete Elternteil sein, aber auch Oma oder Nachbarin. Wichtig für die klammernde Mama ist, dass diese Person eine Vertrauensperson ist, der sie das Kind gern übergibt. Denn sonst wird die Thematik nur verlagert. In der genannten Konstellation spricht man auch von der ambivalent-unsicheren Bindung. Die Mütter können sich in diesem Fall einerseits kaum trennen, aber auch andererseits nicht zu viel Nähe zulassen. Die Folge davon sind Doppelbotschaften, die das Kind verunsichern und ihm den Abschied sehr schwer machen.

Unabhängig davon, wie schwer oder leicht es dem Kind fällt, sich zu lösen, sollte in der Einrichtung eine feste Bezugsperson vorhanden sein, die nicht wechselt und vor allem in der Anfangszeit als stabiler Ansprechpartner für das Kind da ist. Die ersten Kontakte sollten im Beisein der Mutter oder des Vaters aufgenommen werden. Haben die einen „guten Draht“ zu der Erzieherin und vertrauen ihr, wird es auch dem Kind leicht fallen, sich zu öffnen und Vertrauen zu entwickeln.