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Rabeneltern? - Kinder in Fremdbetreuung

Allein das Wort „Fremdbetreuung“ hört sich schon so negativ an – als würde man seine Kinder in die Hände eines namenlosen Unbekannten legen. Dabei wird die außerfamiliäre Betreuung bereits im Kleinkindalter immer wichtiger. Aber leider ist es immer noch so: Viele Eltern haben mit Vorurteilen zu kämpfen, wenn sie ihre Kleinen in eine Krippe, einen Kindergarten oder Hort geben.

Vielen Müttern und Vätern ist es wichtig, bald nach der Geburt wieder in den Beruf zurückzukehren, um den Anschluss nicht zu verlieren. Einige sind auch ganz einfach auf das Gehalt eines Zweitverdieners angewiesen. Wenn man dann nicht die Oma im Hause hat, bleibt einem oft nur der Weg der verschiedenen Kinderbetreuungseinrichtungen.


Der Idealfall?

In vielen ländlichen Gebieten ist der Lebenslauf eines Kindes in den ersten Jahren noch ganz klar und konservativ strukturiert: Bis die Kleinen drei Jahre alt sind, bleiben sie auf alle Fälle zu Hause bei Muttern, welche sich ausschließlich um Kinder und Küche kümmert. Dann kommt der Zwerg in den Kindergarten. Aber nur bis Mittag. Denn da holt Mama den Stöpsel ab und es gibt zu Hause was Feines zum Mittagessen. Am Nachmittag spielt das Kind dann ausgelassen mit seinen Freunden im Garten. So weit also der rustikale Idealfall. Aber man muss kein großer Analyst sein, um zu erkennen, dass dieses Modell nur noch selten funktioniert.


Bedenkliche Betreuungssituation

Gerade in der Stadt funktioniert das Prinzip „Drei-Jahre-rigoroses-Zuhause-bleiben“ eigentlich kaum mehr. Leider hinkt aber hier wiederum das Angebot der Krippen dem Bedarf drastisch hinterher. Durchschnittlich gibt es in Deutschland für weniger als fünf Prozent der Null- bis Dreijährigen einen geeigneten Betreuungsplatz. Forderungen nach einem Ausbau einer angemessenen Krippenstruktur werden immer wieder laut, da es eben nicht nur um die reine Betreuungssituation geht, sondern – tatsächlich auch – um das Wohl der Kinder. Ab August 2013 besteht gar ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für Kinder im Alter von 1 bis 3, aber der Ausbau hängt deutlich dem Plan hinterher.


Stigma Krippenkind?

Vor allem denjenigen, die skeptisch auf diese Einrichtungen blicken und die Krippenkind-Eltern in die Rabeneltern-Ecke treiben möchten, sei in aller Deutlichkeit gesagt: Inzwischen weiß man durch unzählige Studien und Untersuchungen, dass es in der Persönlichkeitsentwicklung keine Verzögerungen oder negativen Einflüsse durch die Fremdbetreuung gibt.

Ganz im Gegenteil. Kinder, die einen Teil ihrer Zeit in einer Einrichtung verbringen, sind oftmals kognitiv, körperlich, kreativ und vor allem sozial besser entwickelt als diejenigen, die den ganzen Tag zu Hause mit Mama verbringen. Ist ja auch logisch – welche Mutter hat schon weitere fünf Kinder, eine komplett ausgestattete Bastelecke, ein unermüdliches Repertoire an Kinderliedern sowie jeden Tag die Nerven, rhythmische Übungen mit seinem Kind zu machen. Die Tage der Kinder in der Kita sind klar strukturiert. Es herrschen Regeln. Das Lernen und Trainieren der so genannten Soft Skills (soziale Kompetenz) wie Empathie, Selbstvertrauen, Konfliktfähigkeit, Toleranz und Respekt steht an oberster Stelle.


Kampf den Vorurteilen

Trotzdem haben manche Eltern, die ihre Kinder in die Krippe geben, noch immer mit Vorurteilen zu kämpfen: fehlende Mutter-Kind-Bindung wird ihnen vorgeworfen, gehäuftes Krankheitsaufkommen oder Stress in der Gruppe glaubt man als negative Auswirkungen zu erkennen. Sicherlich ist es so, dass kleine Kinder aus dem Kindergarten schon mal häufiger einen Schnupfen mit nach Hause bringen. Und sicher ist es auch so, dass das Kind nicht immer vor Freude im Dreieck hüpft, wenn Mama oder Papa es abholt, da es lieber noch weiterspielen möchte. Das alles darf und sollte man jedoch nicht als Grundlage für die Behauptung nehmen, dass berufstätige Eltern mit Krippenkind schlechte Eltern seien.


Idealisierung der Vergangenheit

Klar: „Früher war alles besser“, hört man die Kritiker sagen. Da brauchte man solche Einrichtungen nicht. Früher fand aber auch die Sozialisation auf der Straße und im Wald mit den anderen Kindern aus der Nachbarschaft statt. In heutigen Zeiten ist das aber (leider) undenkbar. Erstens fehlen in anonymen Großstädten oftmals die Möglichkeiten für diese Art von Zusammenwuchs zwischen Kindern und zweitens ist selbst die Provinz durch mediale Hysterie in Bezug auf Kriminalität an Kindern keine Insel der Seligkeit mehr.

Die romantische Vorstellung, dass das eigene zweieinhalbjährige Kind mit den Großen einfach mitläuft, Wald und Flur entdeckt und dadurch sozial und physisch gestärkt wird, ist zwar eine schöne Astrid Lindgren-Mär, aber in einem Deutschland unserer Tage kaum mehr vorstellbar.


Fazit: Rabeneltern? Keinweswegs

Fremdbetreuung ist heute ein selbstverständlicher Teil der Erziehung eines Kindes. Wer seine Kinder in – verantwortliche – fremde Hände gibt ist nicht Rabenvater oder – mutter. Die Kinder selbst gewinnen meist durch die Interaktion mit anderen Kindern und auch die Bindung zu den Eltern muss aufgrund von Fremdbetreuung nicht leiden.