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One Car, Two Autos – Mehrsprachige Erziehung

Im Kindesalter ist ein menschliches Gehirn extrem aufnahmefähig. So ist ein Kind in der Lage, zwei oder mehr Sprachen parallel zu lernen. Was bei mehrsprachigen Familien eine Sache der Notwendigkeit ist, möchten viele Eltern nutzen, um ihren Kindern einen guten Start ins Leben mitzugeben. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn klare Regeln eingehalten werden – und ein paar Rückschläge sind auch normal.

In unserer Gesellschaft kommt man ohne Fremdsprachenkenntnisse nicht mehr allzu weit im Beruf. Viele von uns erinnern sich mit Grausen an die Sprachstunden in der Schule oder das Pauken von Vokabeln zu Hause. Viele Eltern wollen Ihren Kindern dies ersparen und ihnen einen kleinen Wettbewerbsvorteil für ihr späteres Leben mit auf den Weg geben. 
Tatsächlich lernen Kleinkinder schnell und spielerisch. In mehrsprachigen Familien ist es ganz normal, dass Kinder die Sprache des Vaters und der Mutter lernen – und in einigen Fällen sogar noch die des Landes, in dem sie leben.

 

 

Multilinguale Erziehung hat langfristige Wirkungen

Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, erlangen neben der zweiten Sprache, die sie lernen, auch noch ein paar weitere Fähigkeiten:

  • Sie bekommen früh ein Gefühl für die Systematik von Sprachen und lernen später auch andere Sprachen leichter.
  • Sie haben in der Regel eine größere kommunikative Kompetenz.
  • Sprache ist der Schlüssel, eine Kultur kennenzulernen. Daher ist es wichtig für Kinder aus Familien, in denen zumindest ein Elternteil Wurzeln in einem anderen Land hat, die Sprache zu sprechen, um diesen Teil ihrer Identität entwickeln zu können.

Soweit, so gut – die Vorteile einer mehrsprachigen Erziehung liegen auf der Hand. Ganz so einfach, einem Kind nebenher eine neue Sprache beizubringen ist es jedoch nicht.

Kinder brauchen eine emotionale Bindung zu der Sprache, die sie lernen sollen. Dies ist einfach, wenn ein Elternteil diese Sprache als Muttersprache hat oder die Oma, die das Kind kennt und liebt, in Spanien lebt. Auch durch regelmäßige längere Reisen in das Land können Kinder den Bezug zu der jeweiligen Sprache finden.

Es macht keinen Sinn, ein Kind unter Druck zu setzen. Kinder lernen vor allem spielerisch und mit Spaß an der Sache. So macht es keinen Sinn, mit einem kleinen Kind Vokabeln zu pauken. Es wird schnell das Interesse verlieren. Stattdessen ist es am besten, mit einem Kind dauerhaft und regelmäßig in der jeweiligen Sprache zu sprechen.

Kinder brauchen klare Regeln und müssen wissen, woran sie sind – auch in Bezug auf die Fremdsprache. Wenn ein Kind von einem Elternteil eine Sprache lernt, dann macht es am meisten Sinn, dass das Elternteil mit dem Kind ausschließlich in dieser Sprache spricht oder zumindest zu einer bestimmten Tageszeit mit dem Kind nur in dieser Sprache spricht. Hier sind einige Regeln denkbar – das Kind muß jedoch immer genau wissen, welche Sprache nun gefragt ist.

Elementar wichtig ist auch die emotionale Bindung zu der lehrenden Person. Wenn ein Kind die Person, die die fremde Sprache spricht, nicht mag, dann wird es auch nicht zuhören.

 

Mögliche Verzögerungen in der Sprachentwicklung

Ganz ohne – meist nur vorübergehende – Nebenwirkungen geht das Lernen einer zweiten Sprache bei kleinen Kindern nicht vonstatten:

  • Bei mehrsprachig erzogenen Kindern geht die Sprachentwicklung in der „Erstsprache“ häufig etwas langsamer voran. Dies drückt sich in erster Linie in einem kleineren Wortschatz und kürzeren Sätzen aus. Dies kann sich bis ins frühe Schulalter ziehen, wird dann aber meist schnell aufgeholt.
  • Die verschiedenen Sprachen entwickeln sich normalerweise asynchron beim Kind. In der Regel bevorzugen Kinder die Sprache ihrer Hauptbezugsperson.
  • Es dauert häufig eine Weile, bis Kinder anfangen, in der neuen Sprache zu sprechen. Sie verstehen die Sprache, brauchen aber auch einen Anreiz, sie selbst anzuwenden. Hier kann ein Urlaub im jeweiligen Land oder Besuche bei Kindern, die die Sprache sprechen, helfen.
  • Kinder vermischen die Sprachen, die sie sprechen, mit gesunder Regelmäßigkeit. Dies ist insbesondere bis zum vierten Lebensjahr häufig der Fall.

 

Wie kann eine mehrsprachige Erziehung klappen?

Kinder haben auch im Grundschulalter noch die Fähigkeit, Sprachen schnell zu lernen. Ein Start in eine Zweitsprache im Kindergartenalter oder davor ist jedoch im Hinblick auf die zu erwartenden Erfolge optimal.

Wichtig sind vor allem Regelmäßigkeit und Konsequenz. Ein Kind braucht zumindest eine Bezugsperson, die immer wieder verlässlich und über einen längeren Zeitraum mit ihm spricht. Eine Stunde Fremdsprache hier und da bringt wenig. Ideal sind ein Elternteil, welches konsequent mit dem Kind die jeweilige Sprache spricht, ein Betreuer in Kindergarten oder Kindertagesstätte, eine Tagesmutter oder ein Au-Pair. Die Zeit, die das Kind mit der Person verbringt, die die fremde Sprache spricht, ist der Schlüssel. So hat ein Kind die Möglichkeit, in die Sprache einzutauchen (Immersion) und sie ganz selbstverständlich zu lernen wie seine Muttersprache auch.
 

Zum Weiterlesen:

http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,525052,00.html