Wir wollen für unsere Kinder das Beste. Allerdings schlagen Eltern dabei – ganz nach dem Motto „Gut gemeint, heißt nicht gleich gut gemacht!“ - oft über die Stränge und verplanen das Leben ihres Kindes so sehr, dass kaum noch Zeit für das Wichtigste bleibt. Nämlich Freiräume, in denen selbstbestimmtes Handeln möglich ist.
Kinder brauchen Freiräume, um ihre Umgebung und sich selbst zu entdecken
Montags zum Ballett, Dienstag ins Judo, donnerstags zur Kunst-AG und dazwischen am besten noch Musikunterricht und Mathe-Nachhilfe. So oder so ähnlich sieht das Leben vieler Kinder aus. Ihr Tag ist oft voller gepackt als der eines Berufstätigen. Freiräume bleiben auf der Strecke und was schon uns Erwachsenen zu schaffen macht, ist für Kinder doppelt fatal, da freies Agieren ein wichtiger Bestandteil der kindlichen Entwicklung ist.
Spielen heißt lernen
Sobald ein Kind ein Minimum an Handlungsspielraum hat – und das ist etwa ab der achten bis zehnten Lebenswoche der Fall – beginnt es zu spielen. Hascht es anfangs nach den Lichtreflexen an der Wand oder spielt mit seinen eigenen Fingern, steigt sein Interesse zunehmend. Es befasst sich ganz so, wie die motorischen Fähigkeiten es zulassen mit allem, was es umgibt und spielt damit. Damit ein Spiel gelingt braucht das Kind genug Raum, um sich ohne Ablenkung mit dem Gegenstand und der Situation zu befassen und eigene Ideen zu entwickeln. Dabei lernt es und verknüpft die Synapsen im Gehirn. Das geht alles ganz von allein.
Zu viele Pläne hemmen die Entwicklung
Ehrgeizige Eltern wollen mehr und sie wollen es schneller. Deshalb werden einige Kinder von Anfang an gefördert wie und wo es nur geht. Das ist im Grunde genommen löblich, nur vergessen Eltern dabei leider oft eines: Ihr Tempo ist ein ganz anderes als das ihres Kindes. Ein Säugling kann sich ewig in der Betrachtung eines einzigen Bauklotzes ergehen. Es sieht ihn an, befühlt und beschmeckt ihn, erforscht ihn in all seinen Facetten – und das braucht seine Zeit. Unterbrechen Eltern diesen Prozess, weil sie andere Pläne und Vorstellungen haben, unterbrechen sie auch einen Lern- und Entwicklungsprozess. Gleiches geschieht, wenn dem Baby oder Kleinkind zu viel verplante Zeit auferlegt wird und es immer wieder unterbrochen wird in dem, was es gerade tut. Zieht sich dies über mehrere Jahr hin, dann verliert das Kind nach und nach die Lust und die Fähigkeit am Entdecken – es langweilt sich.
Über die Nützlichkeit der Langeweile
Langeweile können viele Menschen nur schwer aushalten, das gilt auch für Kinder. Dabei kann aus der „langen Weile“ unglaublich Kreatives entstehen und zwar einfach deshalb, weil ein Freiraum geschaffen ist, der befüllt werden kann und will. Das kann nur gelingen, wenn sich die Eltern nicht sofort als Animateure zur Verfügung stellen, um die Langeweile zu vertreiben.
Halten Sie es einmal aus, wenn Ihr Kind quengelt und unzufrieden ist, weil es sich langweilt. Nach einiger Zeit wird es trotz allem eine Spielidee entwickeln und die ist dann in vielen Fällen besonders kreativ!
Freiräume machen stark und selbstbewusst
Freiraum fürs Kind bedeutet, dass es keine Angebote und Ablenkungen gibt und niemand als Animateur oder auch Problemlöser zur Verfügung steht. Dies eröffnet ihrem Kind die Chance, eigene Lösungen zu finden – sei es für die Langeweile an sich oder für die Lösung von anderen Problemstellungen. Darauf ergibt sich ein wichtiger Lerneffekt: Ihr Kind lernt seine eigenen Fertigkeiten und Fähigkeiten kennen und stellt fest: Ich komme ja selbst zurecht. Aus diesem Bewusstsein wiederum entwickeln sich Stärke und Selbstbewusstsein, denn Ihr Kind hat das Gefühl, sein Leben und sein Umfeld im Griff zu haben.