Bitte, bitte, lass uns was spielen! Diese an sich so schöne Aufforderung eines Kindes, treibt manchen Eltern den Schweiß auf die Stirn. Einige Kinder sind unfähig, mit Niederlagen im Spiel zurechtzukommen und flippen regelrecht aus, wenn sie nicht als Sieger hervorgehen.
Wenn Kinder nicht verlieren können
Wenn Kinder nicht verlieren können, verbergen sich dahinter meist tiefere Gründe. Vielleicht hat es das Gefühl, nicht anerkannt zu sein und das Selbstwertgefühl ist zu niedrig. Genauso gut kann das Gegenteil der Fall sein: Kinder, die keine Niederlagen gewöhnt sind und von sich selbst eine sehr hohe Meinung haben, vertragen es oft schlecht, wenn sie dann doch einmal verlieren.
Man kann nicht immer gewinnen
Das müssen Kinder lernen und es ist nicht leicht für sie. Vor allem in bestimmten Entwicklungsphasen, wie zum Beispiel im Trotzalter, ist es oft schwer zu verkraften, wenn die Dinge nicht nach dem Plan des Kindes verlaufen. Aber auch später ist es ein Problem, vor allem dann, wenn Kinder das Verlieren persönlich nehmen. Sie glauben dann, dass es sich um eine persönliche Verletzung handelt und eine Herabsetzung ihrer Person. Niemand verliert gern, für Kinder ist das oft schwerer als für Erwachsene, da sie im Hier und Jetzt leben und vergangene Erlebnisse noch schwer in Relation zur Gegenwart setzen können.
In vielen Fällen ist darüber hinaus die Unfähigkeit, verlieren zu können, personenbezogen. So steckt ein Kind es vielleicht locker weg, wenn es beim "Mensch ärgere Dich nicht" mit Freunden verliert. Spielt aber die Mutter oder die große Schwester mit, dann ist der Wutanfall vorprogrammiert. In diesen Fällen fühlt sich das Kind entweder zurückgewiesen oder im Konkurrenzkampf unter den Geschwistern als unterlegen.
Wie geht man mit dem Wutanfall um?
Wenn Spielsteine oder sogar Spielbretter durch die Gegend fliegen und das Kind laut schreiend aus dem Zimmer rennt, ist es schwer, ruhig zu bleiben. Aber genau das ist wichtig, wenn Ihr Kind ein Problem mit dem Verlieren hat. Bestrafungen und Vorwürfe helfen hier wenig, da die Wut über die Niederlage ein schwer zu kontrollierendes Gefühl ist. Und wenn man es von der positiven Seite sieht: Wut und Frust bei Niederlagen zeigen auch, wie hochinteressiert das Kind beim Spiel dabei war.
Reagiert ein Kind auf das Verlieren mit Wut und Aggression, dann sollten Sie erst einmal abwarten. Meist regt es sich schon nach wenigen Minuten wieder ansprechbar. Dann sollte ein Gespräch folgen, in dem die Gefühle der Kindes noch einmal benannt werden: Du bist jetzt richtig sauer, weil Du nicht Sieger geworden bist. Im nächsten Schritt sollten Sie Ihren eigenen Ärger über die Reaktion des Kindes formulieren: Es ärgert mich, dass Du Dich so benimmst, es nimmt mir die Lust am Spiel.
Auf keinen Fall sollten sie sich jedoch über Ihr Kind lustig machen. Das demotiviert und nimmt ihm den Spaß am Spiel und am Wettbewerb an sich. Ebenso wenig sollten Sie ihm die Niederlage immer wieder vor die Nase halten, wie Sie es Freunden gegenüber tun würden. Damit können kleine Kinder einfach nicht umgehen. Vielleicht sagen Sie Ihrem Kind, dass heute einfach mal Papi gewonnen hat und Papi eben auch gar nicht schlecht in dem Spiel ist. Aber es soll sich auch daran erinnern, dass es schon oft gegen Papi gewonnen hat und es ihn wieder schlagen wird, wenn es sich anstrengt.
Warum spielen – und verlieren – so wichtig ist
Durch Gesellschaftsspiele üben Kinder soziale Kompetenz. Sie müssen sich an Regeln halten, Rücksicht auf die anderen Spieler nehmen und eben auch ab und an Niederlagen einstecken. Sie erlernen dabei die sogenannte Affektkontrolle, die Kontrolle über ihre Gefühle und Reaktionen. Sie lernen vom Vorbild der Eltern: Wie eng halten Sie sich an die Spielregeln, wie reagieren Sie, wenn Sie einmal ein Spiel verlieren. Das angemessene Verhalten muss vielfach geübt werden, deshalb gilt: Je mehr Spiele, umso besser.
Was Eltern allerdings nie tun sollten, ist das Kind absichtlich und offensichtlich gewinnen zu lassen, um Wutanfälle zu vermeiden. Die Kinder merken das schnell und werden gelangweilt und frustriert. Besser ist es, sich etwas zurückzunehmen und Kindern so zu helfen, dass sie im Spiel Vorteile erlangen, aber die Hauptdenkarbeit trotzdem selbst leisten müssen. Dadurch haben sie das Erfolgserlebnis des Sieges, aber trotzdem nicht das Gefühl, bevorzugt worden zu sein. Wann Sie „voll im Ernst“ gegen Ihr Kind antreten, ist zum Teil vom Alter abhängig – so hart auf hart kann es eigentlich erst im Teenageralter zugehen - aber noch mehr davon, wie gut Ihr Kind in einem bestimmten Spiel ist. So ist zum Beispiel mancher Fünfjähriger im Memory unschlagbar und es gibt sieben- oder achtjährige Kinder, die bei weitem besser Schach spielen als die Eltern.
Im Spiel führen Sie Ihre Kinder an die Realitäten des Lebens heran - manchmal gewinnt man, manchmal verliert man, sich anzustrengen kann sich auszahlen. Wenn Sie es schaffen, dass Ihre Kinder diese Lektion behutsam über den Umweg eines Spiels lernen, dann haben Sie viel erreicht.
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