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Studie: Väter haben großen Einfluss auf Intelligenz ihrer Kinder

Intelligenz. Woher kommt sie? Wie entwickelt sie sich? Ist sie gewissermaßen gottgegeben oder das Ergebnis von Genen oder sogar der Erziehung? Diese und viele ähnliche Fragen beschäftigen Eltern wie Nicht-Eltern gleichermaßen. Und die Antworten darauf liegen teils im Verborgenen, teils ganz offen auf dem Tisch. Eine neue Studie hat sich nun mit der Intelligenz und der Vaterrolle beschäftigt. Und kommt zu interessanten Ergebnissen. 

Ohne Vater aufzuwachsen, macht ganz sicher nicht dumm. Aber seine Anwesenheit stärkt die Intelligenz von Kindern. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, durchgeführt von der Concordia University und veröffentlicht im „Canadian Journal of Behaviour Science“. 

 

 

Erst fragen, dann sechs Jahre warten

Um eine realistische Auswertung vornehmen zu können, müssen solche Tests wie die der Wissenschaftler der Concordia University über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Genau das wurde gemacht. Insgesamt 176 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren wurden von den Wissenschaftlern befragt. Zudem wurden Intelligenztests an ihnen durchgeführt. Sechs Jahre später wurden die Befragungen wiederholt und zusätzlich Mütter und Lehrer interviewt. Die Studienleiterin Erin Pougnet kommt nach der Auswertung zu erstaunlichen und durchaus bemerkenswerten Schlüssen. Sie sagt: "Ist der Vater in der frühen Kindheit und vor der Pubertät anwesend, so zeigen Kinder weniger Verhaltensprobleme und höhere Intelligenz.“ Und weiter: „Das gilt sogar für sozial benachteiligte Familien." Dem Vater sieht Pougnet eine besondere Rolle vor, er sei „Grenzen- und Strukturgeber“ für Kinder. Insbesondere vom Vater lernen Kinder laut der Wissenschaftlerin wichtige Dinge, die prägend sind, um das spätere Leben besser, man könnte auch sagen: intelligenter zu gestalten. Zu diesen Fähigkeiten gehören das Lösen von Problemen und das Meistern von traurigen Zuständen. Auch der Umgang mit sozialem Rückzug und oder anderen Ängsten wird leichter erlernt, wenn der Vater anwesend ist. 

 

Anwesenheit alleine reicht nicht aus

Väter, die 12 Stunden am Tag arbeiten und vielleicht hin und wieder noch am Wochenende am Schreibtisch sitzen, könnten nach den Ergebnissen der Studie genussvoll die Händen reiben und einfach so weitermachen wie bisher. Doch es wäre selbstverständlich zu kurz gedacht, würde man annehmen, die pure Anwesenheit würde Wunder wirken und kleine Einsteins hervorrufen. Die Psychologin Sandra Velasquez ist die Autorin des Erziehungsbuches "Die Brücke zu dir". Sie erläutert, was genau einen guten Vater letztlich ausmacht. Er braucht laut der Psychologin ein gesundes Selbstvertrauen. Dazu gehört nicht nur, seine Stärken zu zeigen, sondern auch souverän mit den Schwächen umzugehen. Zudem muss der Vater „up to date“ sein hinsichtlich des Entwicklungsstandes seines Kindes. Denn das ändert sich oft, je nachdem, in welcher Phase und in welchem Lebensalter sich das Kind gerade befindet. Der Vater muss also im doppelten Sinne nah dran sein an seinem Nachwuchs. Ebenso wichtig ist das Verhalten zwischen den Partnern. Ein Kind lernt ungeheuer viel, wenn es sieht, dass die Eltern sich mit gegenseitigem und wertschätzenden Respekt begegnen.

 

Töchter sind anders. Söhne auch

Auf Töchter haben Väter eine andere Wirkung als auf Söhne, das liegt auf der Hand. Während für Mädchen der Vater quasi „der erste Mann“ im Leben ist, orientieren sich Söhne an seinem Verhalten, um nach und nach das eigenen Männerbild zu entwickeln. Psychologin Sandra Velasquez nennt Väter in diesem Zusammenhang Identitätsstifter. Für Jungen und Mädchen gilt, dass sie mit Hilfe des Vaters ihr Selbstbild entwickeln, allerdings auch das des Mannes an sich. Wie der Vater Probleme löst, wirkt sich auf die Problemlösung seines Sohnes direkt aus. Die Tochter bekommt so ihr erstes Bild darüber, wie Männer „ticken“.

 

Biologischer oder gefühlter Vater 

Es muss nicht zwingend der biologische Vater sein, der seine Rolle richtig ausfüllt und so wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung von Kindern nimmt. Die kanadischen Wissenschaftler kommen zum Schluss, dass es auf die Ausübung der Rolle ankommt, nicht darauf, ob sie vom Erzeuger wahrgenommen wird. Theoretisch können auch mehrere Vaterfiguren positiven Einfluss auf das Kind nehmen. Zu gleichen Ergebnissen kommen die Kanadier auch hinsichtlich der Frage, ob der Vater mit dem Kind zusammen leben muss, um ein wirklich guter Vater zu sein. Das muss er nicht, sagen die Wissenschaftler. Entscheidend ist die Nähe, ist der Kontakt, den ein Vater zu seinem Kind hat. Beides kann man erlernen, und so fordert Erin Pougnet von Politikern, dass sie die Verbindung zwischen Vätern und Kindern fördern. Dies könne durch Papa-Monate geschehen oder durch Elternschulungen, die sich speziell mit der Rolle als Vater beschäftigen. 

 

Und die Intelligenz?

Bleibt am Schluss die Frage übrig, inwiefern Väter nun tatsächlich Einfluss auf die Intelligenz von Kindern nehmen können. Sie bleibt im Raum stehen, wie die bereits oben angedeuteten Fragen, die wohl niemals endgültig geklärt oder erschöpfend beantwortet werden können. Allerdings kann man sich ganz bestimmt darauf einigen, dass die Nähe zum Vater einen positiven Einfluss auf das Kind nehmen oder schädlich für den Nachwuchs sein kann. Väter haben also eine große Verantwortung und Chance, die wichtigen Faktoren in der Entwicklung ihrer Kinder zu beeinflussen. Ob das Kind dadurch intelligenter wird, mag man vielleicht besser einfach so stehen lassen. Dümmer wird es aber sicher auch nicht. 

 

 

Die komplette Studie gibt es hier (sie ist jedoch kostenpflichtig): 

http://psycnet.apa.org/index.cfm?fa=buy.optionToBuy&id=2011-13635-002