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Väterliche Zeitreise – die Vaterrolle im Wandel

Die Rolle des Vaters hinsichtlich seiner Stellung innerhalb der Familie hat sich im Laufe der Geschichte stark verändert. Vom uneingeschränkten Patriarchen bis hin zum modernen Vater der Gegenwart war es ein weiter Weg. Wir laden Sie heute auf eine kurzweilige Zeitreise durch das Vaterbild im Wandel ein.

 

Der Vater in der römischen Antike

Das Wort „Vater“ lässt sich vom lateinischen Begriff „pater“ ableiten und
bezeichnete in der römischen Antike das Oberhaupt der Familie, den „pater familias“. Innerhalb der Familie hatte er die absolute Autorität. Die Kinder gehörten ausschließlich zum Familienverband des Vaters und waren auch nur mit diesem verwandt. Die Mutter und deren Angehörige gehörten nicht dazu.

Der Vater war der uneingeschränkte Mittelpunkt seiner Familie. Er sorgte sowohl für das Leben innerhalb der Familie als auch für die Repräsentation nach außen.
Natürlich war er auch gleichzeitig Verwalter des Familienvermögens und besaß das Recht, seine Kinder zu enterben, wann immer ihm der Sinn danach stand.
Somit hatte er immer ein Druckmittel in der Hand, welches dafür sorgte, dass die Kinder bis zu seinem Tode von ihm abhängig blieben. Dies galt jedoch nur in den Oberschichten der römischen Gesellschaft. In den ärmeren Familien gab es meist nichts zu erben und somit fiel dieses Druckmittel weg. Und je älter und hilfsbedürftiger der Vater wurde, umso größer wurde auch seine Abhängigkeit von den Kindern.
Dennoch, egal aus welcher Schicht stammend, juristisch gesehen blieb die Gewalt über seine Familie immer beim Vater.

Das Mittelalter

Über die Vaterrolle im Mittelalter ist wenig bekannt, denn es gibt kaum schriftliche Aufzeichnungen. Bedingt durch die verschiedene Lebensform der einzelnen Stände und der fehlenden rechtlichen Ordnung ist ein genaues Bild über die Rolle des Vaters heute nicht mehr möglich.
Eines ist jedoch sicher: Die Familie war eine religiöse und wirtschaftliche Gemeinschaft, der der Vater als Stellvertreter Gottes auf Erden vorstand und über die er auch bestimmen konnte.

Das 17. und 18. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert wurde die Familie seitens des Vaters vor allem patriarchalisch geführt und war durch seine hohe Autorität geprägt.
Unvermindert setzte sich dies auch im 18. Jahrhundert fort. Der Vater ist durchschnittlich fünf Jahre älter als seine Frau und trifft alle die Familie betreffenden Entscheidungen. Dabei gilt die Vater-Sohn-Beziehung wichtiger als die Ehe. Fast alle Frauen sind verheiratet und müssen sich ihrem Ehemann unterwerfen.

Die Veränderungen im 19. Jahrhundert

Durch die industrielle Revolution zu Beginn des 19. Jahrhunderts zogen immer mehr Menschen in die Städte, um dort zu arbeiten. Der Vater übernahm immer stärker die Rolle des alleinigen Ernährers und verbrachte, bedingt durch seine Arbeit, den Großteil seiner Zeit außerhalb der Familie. Die Autorität des Vaters und Ehegatten blieb zwar bestehen, doch seine Bedeutung innerhalb der Familie wurde auf materielle Ressourcen beschränkt. Trotzdem blieb er in Erziehungsfragen meist die letzte Instanz.

Zwei Weltkriege und ihre Auswirkungen auf das Familienleben

Jeder Krieg verändert die Menschen. So sorgten sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg dafür, dass sich die Rolle des Vaters im Familienleben gravierend wandelte.
Durch die meist lange Abwesenheit des Vaters mussten die Frauen und Kinder allein den Alltag meistern. Der Vater rückte immer mehr in den Hintergrund. Zudem entstand vielfach ein Spannungsverhältnis zwischen den Vätern und ihren Familien, da sich die Wahrnehmung der Soldaten im Kriege ganz erheblich von der Wahrnehmung der Daheimgebliebenen unterschied. Der emotionale Druck, sowie körperliche und seelische Verletzungen sorgten für eine zusätzliche Entfremdung von der Familie.

Viele Väter kehrten nicht von der Front zurück und die, die es taten, trafen auf selbstständige Frauen und Kinder, die gelernt hatten, ohne das Familienoberhaupt vergangener Zeiten auszukommen. Die meisten Väter wussten über die Entwicklung ihrer Kinder nicht Bescheid, erwarteten oft zu viel oder konnten ihre Selbstständigkeit nicht akzeptieren. Umgekehrt erkannten die Kinder ihren Vater nicht mehr an, da sie jahrelang ohne ihn aufgewachsen und seine Autorität auch nicht mehr gewohnt waren.
Viele Männer fühlten sich in dieser Zeit als Außenstehende, die es ihren Frauen zum Vorwurf machten, die Kinder nicht richtig erzogen zu haben, was oft zu weiteren Rissen im einst so starken Familienfundament führte.

Die wilden Jahre nach dem Krieg

Erst in den 50er Jahren erlangte der Vater seine volle Autorität zurück und wird wieder zur Disziplinierungsperson seiner Kinder. Zwar betreut er sie in den allermeisten Fällen nicht, nimmt sie aber gern zum Sport oder anderen gesellschaftlichen Aktivitäten mit. Die Mutter bleibt weiterhin die emotionale Bezugsperson ihrer Kinder, während der Vater die Kameradschaftsrolle übernimmt.

In den folgenden Jahren wird mehr und mehr über die Rolle des Vaters diskutiert.
Sowohl Männer als auch Frauen kämpfen gegen Vorurteile, die Scheidungsraten steigen an. Die ersten Vaterrechtsbewegungen kämpfen für das Sorgerecht der Väter.

Anfang der 70er Jahre wird die Vaterrolle neu überdacht und in der Öffentlichkeit diskutiert. Viele Väter dieser Generation wollen zunehmend an der Familie aktiv teilhaben und verstärkt Betreuungs- und Erziehungsfragen mitentscheiden. 
Dieser Trend setzte sich in den darauffolgenden Jahren immer weiter fort.

Inzwischen hat sich auch die Erziehungswissenschaft mit der Rolle des Vaters beschäftigt und hat seine Bedeutung für die emotionale Entwicklung eines Kindes in vielen Studien bestätigt.

Und heute?

Heute sind Väter mehr denn je bereit, sich mit gehörigem Einsatz für ihre Kinder zu engagieren. Sie wollen an der Erziehung und Alltagssorge gleichberechtigt mitwirken. Allerdings gelingt dies nicht allen Vätern. Seitens der Wissenschaft kann jedoch nicht beantwortet werden, ob dies nun daran liegt, dass Väter die Realisierung dieser neue Rolle erst noch lernen müssen oder ob es daran liegt, dass die gegenwärtigen Lebens- und Arbeitsbedingungen ein größeres Maß an Beteiligung kaum zulassen. Es ist jedoch empirisch belegt, dass es eine erhebliche Diskrepanz gibt zwischen den Wünschen vieler Väter, mehr Zeit für ihre Kinder zu haben, und der Unmöglichkeit, diese Rolle heute umzusetzen.

Wie die Rolle des Vaters in der Zukunft aussehen wird, ist ungewiss. Vermutlich wird sich in absehbarer Zeit nicht viel ändern. Es liegt nun an uns, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und unseren Frauen die besten Männer und unseren Kindern die besten Väter aller Zeiten zu sein. Denn eines ist ganz gewiss:
Die Familie ist das Wertvollste, was wir haben.

 

Zum Weiterlesen:
http://www.vaeternotruf.de/vaterschaft-im-wandel.htm