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Wie man Kinder überzeugt

Kinder entwickeln schon früh ganz eigene und durch die Persönlichkeit geformte Meinungen zu den Dingen. Sie sind bedürfnisorientiert und wollen dementsprechend die Dinge so gestalten, wie sie ihnen selbst am besten passen. Wollen Eltern bestimmte Dinge durchsetzen, trifft das oft auf Widerstand.

Natürlich sitzt man als Erwachsener letztendlich am längeren Hebel und kann durch Regeln und Sanktionen seinen Willen durchsetzen. Pädagogisch effektiver und letztendlich harmonischer ist es, wenn Kinder aus Überzeugung gehorchen und nicht aus Angst vor Strafe oder durch das Pochen auf die elterliche Autorität. Allerdings macht das Mühe und man muss sich in die Gedanken- und Gefühlswelt des Kindes begeben.

 

Kinder denken anders

Die Gehirne von Kindern funktionieren anders als die von Erwachsenen. Während wir zu bestimmten Problemen – zum Beispiel mathematischen Aufgaben – schon vorgefertigte und teilweise auswendig gelernte Lösungswege kennen, wir haben das jahrelang im Matheunterricht so gelernt, gehen Kinder intuitiv an ein Problem heran und entwickeln ganz eigene Lösungswege. Ihre Gehirne sind noch nicht vorgeformt - die große Zahl der Synapsen im Hirn ermöglichen eine Vielzahl von Möglichkeiten. Viele davon sind uns Erwachsenen unverständlich, erscheinen sogar unlogisch – führen aber doch zur richtigen Lösung.

Will man nun ein Kind von etwas wirklich überzeugen, so ist es wichtig, in die kindliche Gedankenwelt einzutauchen und die Dinge so zu erklären, dass sie fürs Kind nachvollziehbar sind.

Überzeugungsarbeit leisten

Die Punkte, in denen Kinder andere Ansichten haben als ihre Eltern, sind oft die Gleichen. Es geht um gesundes Essen, Zähneputzen, Sonnenschutz, Haare waschen usw. In jedem Fall ist es wichtig, den entscheidenden Punkt zu finden, bei dem sich ein Kind etwas vorstellen kann. Beim Zähneputzen kann das die Aussicht auf Zahnschmerzen sein, beim Eincremen mit Sonnenschutzcreme die Aussicht auf den drohenden und schmerzhaften Sonnenbrand. Dies sind sehr direkte Methoden, die die Gefahr bergen, dass das Kind letztendlich aus Angst und nicht aus Überzeugung handelt. Denn natürlich bewirken Schauergeschichten von ausgefallenen Zähnen und drohenden schmerzhaften Zahnarztbesuchen, dass das Kind das kleinere Übel in Kauf nimmt.

Bei „echter“ Überzeugungsarbeit sieht ein Kind ein, dass ein bestimmtes Verhalten ihm Vorteile bringt – Bei Kindern darf dieser „Vorteil“ allerdings weder zu abstrakt sein, noch zu weit in der Zukunft liegen. Sagt man seinem Kind also, dass es sich die Zähne putzen muss, da ihm sonst schon mit 25 die Zähne ausfallen oder es keine Zuzahlungen von der Krankenkasse bekommt, wird das keinen großen Erfolg haben.

Vorsicht vor Manipulationen!

Manchmal werden Überzeugungsarbeit und Manipulation verwechselt. Dann wird ein bereits sattes Kleinkind durch Löffelspiele und Schüttelreime zu weiteren Löffeln vom Brei „überredet“ oder durch die bereits erwähnten Schreckensvorstellungen zum Zähneputzen gebracht. Mit Versuchen dieser Art werden der eigene Wille und das Gefühl für sich selbst übergangen, das bei Kindern grundsätzlich gut ausgeprägt und eigentlich zum Überleben notwendig ist. 

Überzeugen durch eigenes, spielerisches Erleben

Kinder sind Empiriker. Sie lernen am besten durch Nachahmung und eigene Erfahrung und entwickeln dadurch auch ihre Überzeugungen. Wenn Sie möchten, dass Ihr Kind Obst und Gemüse isst und alles elterliche Gerede von den Vitaminen und der Wichtigkeit auf taube Ohren stößt, dann hilft eventuell ein bunter Obstsalat oder ein Teller mit geschnitzten Gemüsetieren. Den Kleinen sind die Vitamine egal, nicht egal ist dagegen der Genuss beim Essen. Wechseln Sie die Zahnpasta und machen Sie aus dem Eincremen mit Sonnenschutz ein lustiges Spiel, in dem Sie Ihr Kind mit Tigerstreifen oder Marienkäferpunkten verzieren. Denn letztendlich kann Ihr Kind bei vielen Sachen den Sinn gar nicht verstehen, weil ihm noch der Weitblick und das Wissen fehlen.

Geduld ist eine Tugend

Kinder müssen manchmal warten und das fällt Ihnen schwer. Hier geht es zum einen ebenfalls darum, das Kind zu überzeugen; hilfreicher als ewiges Diskutieren ist aber auch hier oft, dem Kind eine Geschichte vorzulesen oder es mit etwas anderem Interessantem zu beschäftigen. Denn vor allem kleineren Kindern fehlt das Gefühl für die Zeit und der Blick in die Zukunft. Ein Gefühl für das Gestern oder das Morgen beginnen die Kleinen erst mit etwa zwei Jahren zu entwickeln, Geduld und Bedürfnisaufschiebung ist etwa für Kinder ab dem Kindergartenalter möglich.

Anfangs können Wartezeiten mit Erklärungen überbrückt werden, dadurch bekommt das Kind ein besseres Gefühl dafür, dass Verschiedenes erledigt werden muss, bevor es sein Fläschchen bekommt, bevor es nach draußen gehen oder in die Badewanne kann. Auch die Möglichkeit, in Ruhe und im eigenen Tempo Dinge wie Anziehen oder Schuhe zubinden zu erledigen.

Mit Überzeugungsarbeit zu erziehen, ist ein hehres Ziel und Eltern, die sich die Mühe machen, leisten große und pädagogisch wertvolle Arbeit, die ihrem Kind in seiner Entwicklung zugute kommt. Allerdings ist das schlichtweg nicht immer möglich. Niemand kann immerzu alles erklären, bis das Kind überzeugt ist und in manchen Fällen muss es einfach Regeln geben, unabhängig davon, ob das Kind diese versteht oder nicht. Wichtig ist, hier einen Mittelweg zu finden zwischen Autorität und Verständnis.