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Schlammschlacht an der Elbe – ein Leser berichtet von seinen persönlichen Vaterfreuden

Irgendwann kommt jedes Kind in das Alter, wo es schwierig wird, wo es Eltern nicht leicht fällt, Unternehmungen zu finden, die nicht „voll uncool“ sind. Aber hin und wieder entwickeln sich die Dinge, so dass aus einem banalen Spaziergang ein echtes Erlebnis wird. Ein Scheidungsvater berichtet.

Spazierengehen? Niemals! Als mein Sohn Tim schlanke 10 Jahre alt war, hatte ich ihn alle 14 Tage bei mir. Die Scheidung war schon eine Weile her, mit meiner Ex-Frau verstand ich mich inzwischen prima, das kam auch der Entwicklung unseres Sohnes zugute. Also alles im grünen Bereich, wenn man berücksichtigt, dass der kleine Kerl ein Scheidungskind war. An einem der Vater-Sohn-Wochenenden war er zusammen mit seinem besten Kumpel bei mir. Ich wohnte direkt an der Elbe in Hamburg und schlug den beiden Jungs einen gewagten Plan vor. Spazierengehen. Sie lachten mir ins Gesicht. Bis sie merkten, dass ich es ernst meinte. Dann begann der Versuch, mich mit mehr oder weniger gelungenen Argumenten von meinem Vorhaben abzubringen.

„Papa, spazieren gehen ist sooooo langweilig“, eröffnete mir Tim. Und sein Kumpel Justin stimmte fröhlich mit ein.

„Spazierengehen ist nicht langweilig“, entgegnete ich, „wir sind an der frischen Luft, das Wetter ist gut, gesund ist es außerdem noch.“

„Gesund?“, fragte Justin. „Wir sind auch so gesund, uns geht es bestens!“

Es folgte meine Darstellung der langfristigen Perspektive. „Ja“, dozierte ich, „jetzt seit ihr noch gesund. Aber auch ihr werdet älter. Es kann also nicht schaden, wenn ihr schon jetzt beginnt, etwas zu unternehmen, damit es euch auch später noch gut geht.“

Die Beiden sahen sich an und schienen fassungslos zu sein. Aber was noch viel wichtiger war: sie waren sprachlos, zumindest einen Moment. Der dauerte ungefähr 10 Sekunden, als mein Sohn sagte: „Ok, wenn's sein muss. Aber dann nehmen wir unsere Skateboards mit.“

 

Spazierengehen ist ätzend

„Tim, Skateboards an der Elbe werden nicht viel bringen. Ich denke nicht, dass über Nacht der Weg gepflastert wurde.“

„ Boaaaah, ey, ätzend!“

Es konnte also losgehen.

Ich genoss den Spaziergang. Tim und Justin eher nicht, aber sie machten immerhin gute Miene zum „bösen“ Spiel. Nachdem wir etwa 20 Minuten gelaufen waren, schlug ich vor, dass wir uns durch die Uferbegrünung schlagen und ans Wasser gehen. Jetzt begann es für die beiden Jungs interessant zu werden. Das Ganze hatte etwas von Wildnis, wir schlugen uns mit Gestrüpp und Ästen herum und kämpften uns vor auf dem Weg zur Elbe. Dort angekommen wurden wir belohnt. Es war an dieser Stelle des Ufers kein Mensch zu sehen, wir hatten das ganze Teilstück für uns alleine. Als wir auf dem Standstück standen und aufs Wasser sahen, sagte Tim plötzlich: „Cool.“

Dann entdeckte Justin hinter uns eine kleine Mulde, die sich mit Wasser gefüllt hatte. Sie war groß genug, um sich darin langzumachen, und genau das taten die Jungs im nächsten Moment.

 

Der Spaß lauert überall

Tim entdeckte zuerst, dass der Schlamm neben der Mulde herrlich weich und matschig war. Er nahm etwas davon in seine Hände und spielte damit. Justin tat es ihm nach und kurze Zeit später begann eine Schlammschlacht, die sich gewaschen hatte. Innerhalb weniger Minuten waren die Jungs von oben bis unten mit Schlamm bedeckt und genossen es augenscheinlich. Zwischendurch legten sie sich in die Mulde, um sich den Schlamm abzuwaschen. Dann ging das Spiel von vorne los. Ich machte Fotos von dem Spektakel und plötzlich waren 2 Stunden vergangen, ohne dass wir es bemerkt hätten.

Langsam wurde es dunkel und kühler. Ich sagte den Jungs, dass sie sich ein letztes Mal säubern sollten, damit wir nach Hause gehen könnten. Die hatten allerdings überhaupt keine Lust zu gehen. Nach einer kurzen Diskussion konnte ich mich dann aber doch durchsetzen. Auf dem Rückweg konnte ich mir den Hinweis nicht verkneifen, dass der gelungene Nachmittag im Wesentlichen einem „soooooo langweiligen Spaziergang“ zu verdanken war. Tim brachte es auf den Punkt, als er sagte: „Sooooo coole Spaziergänge meinte ich auch nicht, Papa.“