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Angry Dads - Von Fanfarenpädagogik und aufgerissenen Augen

In unserem neuen Segment „Angry Dads“ dürfen Väter ihre Meinung zu einem Thema rund um Kinder und Familie kundtun. Dabeí können sie einmal richtig Dampf ablassen und müssen auch nicht unbedingt politisch korrekt sein. Heute ärgert sich ein Vater über aufgedrehte Pädagogen, die nicht nur ihm, sondern auch den Kindern auf den Geist gehen.

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: seit mein Sohn auf der Welt ist, sind uns bei unseren Freizeitaktivitäten und später im Kindergarten einige ausgebildete Pädagogen über den Weg gelaufen, die ich seltsam fand. Nein, eigentlich fand ich sie schrecklich. Leider. 

 

Ich möchte hier keinesfalls dem Studium der Pädagogik an sich seine Daseinsberechtigung absprechen. Mir sind nur auffallend viele Menschen begegnet, die ihr Wissen höchst seltsam und auf mir und meinem Sohn sehr suspekte Weise anwenden. 

 

 

Jeder Furz wurde frenetisch beklatscht

 

Unsere erste Pädagogin begegnete uns beim Kinderturnen. Sowieso eine fragwürdige Veranstaltung, wenn Sie mich fragen… aber das wäre vielleicht noch einmal einen Extrabeitrag wert. Die Turnlehrerin im branchenüblichen Öko-Schlabberlook (wieso muss das eigentlich sein?) marschierte mit wehenden Haaren und fanfarengleichen Hallihallo-Rufen durch die Halle und platzierte einen Kassettenrekorder.  Der plärrte sogleich in voller Lautstärke los und gab schlechte, hirnlose Kinderlieder von Entchen die Quak-quak-quak machten von sich. Gegen die unerträgliche Lautstärke an, die die ersten Kleinkinder bereits zum Weinen brachte,  schrie diese Frau pausenlos und unaufhörlich auf die Kinder ein in einer Weise, die sie wohl als fröhlich-motivierend bezeichnet hätte. Jeder Stolperer und jeder Furz, den eines der Kinder machte, wurde frenetisch beklatscht und mit „Das machst Du schon sooooooo toooooll“-Rufen bedacht. Mein Sohn und ich gaben uns diese Vorstellung zweimal. Mir persönlich hätte einmal gereicht, ihm auch. Aber meine Frau bestand – wegen der Bewegungsförderung – auf einen weiteren Versuch. Danach weigerte ich mich strikt, dort weiter hinzugehen. Wie ich hörte, hat sich die Gruppe dann auch bald wieder aufgelöst. Hatte ich die Blicke der anderen Mütter und Väter, die ähnliches Entsetzen, gepaart mit hilflosem Schmunzeln, zeigten wie meines, doch nicht so falsch gedeutet.

 

 

Die Kinder müssen denken, dass man sie für taubstumm oder blöd hält

 

Eine weitere Hauruck-Pädagogin begegnete mir im Kindergarten. Wo auch sonst. Ansonsten eine  recht sympathische, entspannte Einrichtung. Eigentlich. Dachte ich. Dann marschierte am ersten Tag die neue Gruppenleiterin in den Raum. Fanfarenstimme, Überschwang, Aufgesetztheit. Bemüht fröhliches, eingefrorenes Strahlelächeln, der flötenden Tonfall, hinter dem man die Genervtheit ohne viel Mühe erahnen konnte. Ein Kind wollte das Spielzeug nicht weglegen und zum Morgenkreis kommen. Es war sehr vertieft und vielleicht 2,5 Jahre alt. Die Betreuerin marschierte auf den armen Jungen los, hockte sich sehr vorbildlich vor ihn hin (die Augenhöhe, Sie verstehen?), entwand das Spielzeug seinen wehrhaften Fingerchen und schalmeite über das aufbrandende Geheul hinweg: „Nein, Konstantin-Leonard, wir wollen jetzt unsere Montessori-Arbeit einmal beiseitelegen und zusammen unser Guten-Morgen-Liebe-Sonne-Lied singen. Danach kannst Du mit Deiner Montessori-Arbeit fortfahren.“  Konstantin-Leonard floss der Rotz aus der Nase und benetzte ihre Hand, aber nur wer ganz genau hinsah, konnte um ihre lächelnden Mundwinkel ein angeekeltes Zucken wahrnehmen. 

 

Ich kann Konstantin-Leonard verstehen. Die Frau hätte mir auch Angst gemacht. Oder mich verärgert. Sie war mit ihrem Kopf nicht mehr als 20cm von seinem entfernt und brüllte ihn trotzdem an. Dazu sprach sie auf eine Weise, die vermuten ließ, dass sie den armen Jungen für taubstumm oder blöde hielt. Sie betonte jede Silbe gesondert, formte sie mit den Lippen aus, als würde er von ihnen ablesen müssen und sprach ständig von „wir“. Obwohl es außer ihr niemand im Raum für derart zwingend nötig hielt, dass Konstantin-Leonard seine Montessori-Arbeit für das Guten-Morgen-Liebe-Sonne-Lied unterbrach.

 

 

Verlernt man im Pädagogikstudium, wie man ganz normal spricht?

 

Ich sage es, wie es ist: ich wollte nicht, dass mein Kind bei dieser Frau bleibt. Mein Kind wollte offenbar auch nicht bei dieser Frau bleiben. Das merkte ich an der Art, wie er sich den gesamten Morgen über hartnäckig an mein Wadenbein klammerte. Das ist sonst nicht seine Art. 

 

Zum Glück war die Gruppe sowieso etwas zu voll und als man nach Freiwilligen suchte, die in eine andere Gruppe wechseln mochten, musste ich mich beherrschen, damit mein Arm nicht in die Höhe schoss, bevor die Frage zu Ende formuliert war.

 

Meine Güte… es sind doch nur ganz normale Kinder, die wollen, dass man mit ihnen ganz normal umgeht. Oder nicht? Dieses Getue und Gekreische… lernt man das im Studium? Vergisst man da, wie man ganz normal spricht?

 

Mein Sohn geht jetzt nicht mehr zu den Bärchen, sondern zu den Löwen. Dort sind die Betreuerinnen sehr nett. Nur manchmal reißt eine von ihnen die Augen so komisch auf und hat so einen ulkigen Tonfall drauf. Aber vielleicht ist das nur ein komischer Reflex oder eine seltsame Angewohnheit. Kann ja sein.

 

 

 

Anmerkung:

Die Beiträge in der Rubrik „Angry Dads“ spiegeln die Meinung des Autors und nicht unbedingt die der gesamten Redaktion von vaterfreuden.de wieder.


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