So ist das eben mit den Teufelskreisen. Sie zu durchbrechen, ist eine schwierige Angelegenheit. Das gilt für den Druck mit dem Druck auch. Ab einem bestimmten Zeitpunkt kommt wohl bei allen Eltern das Gefühl auf, dass es jetzt „doch mal langsam klappen“ muss mit dem Abschied von der Windel. Aber es gibt Kinder, bei denen es ein wenig länger dauert, für andere ergibt sich alles fast von selbst. Druck aufzubauen ist in jedem Fall das falsche Mittel. Doch was so logisch klingt, funktioniert trotzdem nicht immer.
Der Druck mit dem Druck – wenn's mit dem Töpfchen nicht klappt
Die vielzitierte biologische Uhr ist in vollem Umfang auch auf Kinder anwendbar. Der Gang auf die Toilette ist keine besondere Höchstleistung, sondern zu einem Großteil von der Natur gesteuert. Trotzdem kann man natürlich nicht die Uhr danach stellen. Es gibt sehr einfache Möglichkeiten, den Abschied von der Windel ein wenig zu unterstützen. Ungeduld gehört jedoch nicht in das Gefühlspaket, das man sich auf den Rücken schnallen sollte.
Der richtige Zeitpunkt
Normalerweise können Kinder mit zwei bis zweieinhalb Jahren auf die Toilette gehen. Das hat ganz pragmatische Gründe, denn vorher ist ihnen die Kontrolle des Schließmuskels nicht möglich, außerdem sind die Nervenbahnen erst zu einem gewissen Zeitpunkt genügend ausgereift. Neben der körperlichen Reife, die für den selbstständigen Klogang nötig ist, gehört auch die Fähigkeit dazu, sich sprachlich zu artikulieren. Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn jeder Gang auf die Toilette mehr oder weniger stolz angekündigt wird. All das nützt jedoch wenig, wenn das Kind innerlich noch nicht bereit ist, sich von der Windel zu verabschieden.
Der gemeinsame „Ausflug“
Die Zahl der Eindrücke und die der Lerneffekte, die Kinder in den ersten Lebensjahren erzielen, ist kaum zu fassen. Vom Zeitpunkt der Geburt an setzt ein unglaublicher Lernprozess ein. Wenn ein kleiner Mensch noch nicht lange auf der Welt ist, erlebt er alles neu, jeden Tag gibt es Überraschungen und Eindrücke, die verarbeitet werden müssen. Das erwachsene Gefühl der Routine ist Kindern naturgemäß zunächst einmal fremd. Daher ist auch der Toilettengang etwas Neues und zuweilen Merkwürdiges, etwas, womit sich das Kind beschäftigen muss. Als Eltern kann man es den Kleinen leichter machen, zum Beispiel
- indem man das Kind einfach mitnimmt auf die Toilette. So kann es sich einmal anschauen, was dort eigentlich passiert. Schließlich lernen Kinder am besten, wenn sie sich etwas abgucken.
- indem man das Kind lobt, wenn es tatsächlich die ersten Male aufs Töpfchen geht. Für Kinder ist es nun einmal nicht selbstverständlich, auf die Toilette zu gehen (zumindest nicht sofort). Lob macht die ganze Angelegenheit für Kinder attraktiver.
- indem man sich in Gelassenheit übt. Die Kind spürt Gelassenheit ebenso wie Ungeduld und wird sich dementsprechend leichter tun. Irgendwann ist es ja sowieso soweit.
Wo liegt der Fehler?
Irgendwann ist es also soweit. Unter normalen Umständen. Aber es gibt eben auch Ausnahmen. Umstände, die besonders sind und es dem Kind nicht erlauben, ab einem gewissen Reifegrad selbstständig auf die Toilette zu gehen. Das kann natürlich körperliche Gründe haben. Wenn die Phase des Einnässens sich hartnäckig immer weiter nach hinten verschiebt, kann es sinnvoll sein, einen Spezialisten aufzusuchen. So kann beispielsweise häufiges Tröpfeln darauf hinweisen, dass etwas mit der Blasenfunktion nicht in Ordnung ist.
Handlungsbedarf besteht in nahezu allen Fällen auch dann, wenn das Kind bereits trocken war und scheinbar plötzlich wieder in Verhaltensweisen zurückfällt, die längst kein Thema mehr zu sein schienen. Auch hier sind körperliche Ursachen denkbar, aber nicht zwingend der eigentliche Grund. Psychische Belastungen äußern sich bei Kindern ebenfalls häufig durch das Zurückfallen in die Phase des Einnässens. Man muss schon sehr selbstkritisch hinterfragen, woran es liegen kann, dass plötzlich wieder eingenässt wird.
Überforderung bei Eltern überfordert auch das Kind
Kinder zu haben, das ist sicherlich nicht immer einfach. Das verklärte Bild glücklicher Eltern in allen Lebenslagen ist schlicht unrealistisch. Natürlich und selbstverständlich gibt es im Zusammengang mit der Kindererziehung schwere Momente, hin und wieder auch Ratlosigkeit. Berufliche oder wirtschaftliche Zwänge und Stress kommen hinzu, so dass niemand immer alles richtig machen kann. Trotzdem muss man sich im Klaren darüber sein, dass die eigene Überforderung keinesfalls auf das Kind übertragen werden darf. Das gilt auch und besonders für den Gang zur Toilette. Zwang, Druck oder gar die Ankündigung von Strafen ist daher das Schlimmste, was man machen kann. Schließlich spielt es für das Kind in letzter Konsequenz keine Rolle, warum es nicht trocken wird. Vielleicht fehlt bis zu einem gewissen Zeitpunkt die innere Bereitschaft, obwohl die körperlichen Voraussetzungen eigentlich erfüllt sind. Vielleicht sind es physische Gründe, die den normalen Toilettengang verhindern. Oder es sind tatsächlich psychische Probleme, die der normalen Entwicklung im Wege stehen.
Es kann und muss also immer darum gehen, die Ursachen für die Verzögerung der Entwicklung zu suchen und zu finden. Im Vordergrund dabei sollte aber die angesprochene Gelassenheit stehen. Denn es ist durchaus möglich, dass die Eltern noch zusammen in der Küche sitzen und sich den Kopf darüber zerbrechen, warum der Nachwuchs es mit dem selbstständigen Klogang noch nicht schafft – und plötzlich steht das Kind da, strahlt die Eltern an und weiß stolz zu berichten: „Ich war grad auf dem Töpfchen!“