Die meisten Eltern können sich ein Leben mit mehr als 2 Kindern kaum vorstellen. Unser Autor hat nicht mehr nur drei, sondern vier Kinder – und er findet es genau richtig so. Wie lebt es sich in einer Großfamilie? Was ändert sich, auf was muss man verzichten, was gewinnt man hinzu? Der Insider-Bericht eines vier-Kinder-Papas…
Das Leben mit vier Kindern – ein Insider packt aus!
Ich bin der Vater von vier Kindern. Wurde man dafür zu anderen Zeiten oder jetzt noch in anderen Ländern eher mitleidig belächelt (so wenig? Die Armen), gilt man unter Akademikern und Großstadtbewohnern mittlerweile schon als echter Großfamilien-Clan. Die Kids sind 1, 6, 9 und 11 Jahre alt. Von Baby-Süße über Grundschüler-Wuseligkeit bis Teenager-Madness ist alles dabei. Ein munterer Haufen, keine Frage. Und sehr oft höre ich von anderen „das könnte ich ja nicht“, „wie schafft ihr das nur?“ oder Varianten davon. Insgesamt scheint die Vorstellung, mehr als normgerechte zwei Kinder großzuziehen, die meisten abzuschrecken, und das finde ich schade! Deshalb möchte ich dafür im Folgenden einmal eine Lanze brechen und ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern. Die Großfamilie: ein Insider packt aus ... ;-)
Ist es nicht super anstrengend mit vier Kindern?
Na klar. Mehr Kinderkrankheiten, mehr Hausaufgaben betreuen, mehr Kinder-Taxidienst zu Cello, Klavier, Sportakrobatik oder in die Notfall-Ambulanz, mehr (potenzielle) Konflikte ... Baby wickeln, motzenden Zweitklässler befrieden, Tochter-Drama um „ich hab nur blöde Klamotten“ moderieren und dann noch einem willensstarken Pubertier Paroli bieten, die passive Aggressivität ganz neu definieren ... da weiß man, was man getan hat am Abend!
Ist es nicht super teuer?
Überhaupt nicht, denn das dritte Kind bringt 6 Euro mehr Kindergeld als die ersten zwei und das vierte sogar 31 Euro mehr! Wir wissen gar nicht, wohin mit der ganzen Kohle. Na gut – die Ironie haben Sie sicherlich bemerkt. Natürlich gibt es über das Kindergeld hinaus viele Vergünstigungen, steuerliche Freibeträge etc., aber Kinder kosten einfach eine Menge Geld! Man braucht ein größeres Haus und gibt überall ein Vielfaches aus. Schon ein Tag im Zoo kann all inclusive locker 150+ EUR kosten. Auch der regelmäßige Schuhkauf bei den wachsenden Kids lässt die Geldbörse glühen.
Leidet nicht die Ehe/Beziehung bei so vielen Kindern?
Tatsächlich können Kinder einander näherbringen und zusammenschweißen oder auch voneinander trennen. Gefährlich ist es, wenn man nur noch als Family Manager funktioniert und denkt, man hätte eine tolle Beziehung, weil man das Family Business halbwegs organisiert bekommt und sich währenddessen nicht in die Haare kriegt. Kinder ziehen ganz natürlich unsere Aufmerksamkeit und Hinwendung auf sich – doch ein „Auseinanderleben“ der Eltern geschieht schleichend. Lassen Sie das nicht einfach geschehen, als wäre es eine höhere Gewalt, gegen die man nichts machen kann wie Wespen beim Picknick!
Wenn Sie mir eine Privatmeinung erlauben: Die Kinder dürfen nicht wichtiger als die Beziehung zum Partner werden. Langfristig ist das auch für die Kids nicht gut. Es braucht schon besondere Anstrengungen, um auch schöne Zeiten miteinander zu haben. Klar – bei vier Kindern nicht immer einfach, aber machbar! Tatsache ist ja, dass wir in der Regel die Dinge hinbekommen, die uns wirklich wichtig sind. Wenn Sie es nicht auf die Reihe kriegen, auszugehen, ist das womöglich keine Aussage über Ihren Zeitmangel, sondern über Ihre Prioritäten. Klar ist das seltener – aber dafür jedes Mal ein besonderes Erlebnis, das meine Frau und ich in allen Zügen genießen! Tatsächlich erlebe ich das gemeinsame Aufziehen der Kinder als unfassbar bereichernd – den Austausch über die Kids, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede, ihre Stärken und Schwächen ... und nach einem vollen Tag mit den Kids den Feierabend zu genießen, wenn alle im Bett sind: Herrlich!
Jedes Kind ein Universum
Was genial ist mit jedem weiteren Kind nach dem ersten: zu erleben, wie individuell und wie unterschiedlich sie sind. Es ist großartig, diesen kleinen wundersamen Menschen nahe zu sein und sie heranwachsen zu sehen. Beziehungen, schlussendlich Liebe: Das macht unser Leben reicher als der dicke Urlaub oder das schnittige Cabrio. Man selber lernt Bescheidenheit, Demut, Reife ... man hat vielleicht weniger, aber weiß es doppelt zu schätzen. Und es ist so herrlich zu erleben, welch gute Beziehung die Kids zueinander haben! Und ich liebe die Vision, dass sie, wenn sie erwachsen sind, dann zu echten Vertrauten auf Augenhöhe werden – und dass wir gemeinsam lächelnd im Schatz unserer Erinnerungen kramen, vom herrlichen Wahnsinn als sechsköpfige Familie, oft am Limit und darüber, mit viel Knatsch aber auch viel Lachen und unvergesslichen Momenten, ein Herz und eine Seele.
Zum Autor: André Nagerski ist der Vater von Emma (11), Josefine (9), Till (6) und Leonhard (1 Jahr). Er lebt und arbeitet als freier Texter und Autor in Düsseldorf.
Als Buch erhältlich ist seine SF-Comedy „Roboter weinen heimlich“ auf Amazon.