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Scheidungskinder – Worunter leiden sie, wie können Eltern helfen?

Scheidungen und Trennungen sind heutzutage an der Tagesordnung. Kein Kindergarten, in dem Eltern sich nicht trennen, kein Freundeskreis, in dem Scheidung nicht schon Thema war oder ist. Die Kinder leiden immer mit, das lässt sich nicht ändern. Wie tief sich die Spuren in der Seele eingraben, hängt allerdings in hohem Maße von den Eltern ab.

Wenn Eltern sich scheiden lassen, ist das nicht Kindersache. Das Kind hat keinen Anteil daran und kann auch nichts dafür. Trotzdem ist es oft der Part, der das größte Leid trägt. Die Langzeitfolgen reichen später von Beziehungsunfähigkeit bis hin zu Depressionen. Das emotionale Loch, in das die Eltern fallen, aber auch finanzielle Engpässe gehören zu den Hauptfolgen, die auch die Kinder zu tragen haben.

 

Nach der Trennung – wie geht es weiter?

Das Forschungsprojekt „Familien in Entwicklung: Kinder und Jugendliche in Deutschland“ beschäftigt sich bereits seit 1994 mit dieser Frage und untersucht und begleitet verschiedene Familienstrukturen in Ost- und Westdeutschland. Eines der Ergebnisse der Studie ist, dass sich Kinder aus Scheidungsfamilien in ihrer Entwicklung kaum von Altersgenossen in intakten Familien unterscheiden. Dennoch gibt es Belastungen, die sich allerdings oft erst langfristig zeigen. Die Lebensverhältnisse in Trennungsfamilien sind weitaus stärker von Veränderungen betroffen: Neue Partner, neue Geschwister, finanzielle Schwierigkeiten und die daraus resultierenden Probleme können die Kinder beeinträchtigen. Im finanziellen Bereich kommen Kinder meist dann in die Krise, wenn sie sich gegenüber Gleichaltrigen benachteiligt fühlen. Letzten Endes ist die Qualität der Beziehungen zwischen den Eltern nach der Trennung und zwischen Eltern und Kind entscheidend dafür, ob eine Trennung ein Trauma auslöst.

Scheiden tut weh

Die Studie hat noch mehr ergeben: Die Eltern können sich noch so sehr bemühen - für das Kind ist es ein Leid, wenn die Familie auseinanderfällt. Ebenso groß ist das Leid allerdings, wenn die Eltern – vielleicht wegen dem Kind – zusammenbleiben und in einer konfliktgeladenen Atmosphäre weiter zusammenleben. Das Kind plagt sich mit Ängsten und Befürchtungen, fühlt sich verantwortlich, verlassen oder in Loyalitätskonflikten verfangen. Die Frage: „Zu wem halte ich?“ stellt sich Kindern und auch Jugendlichen erstaunlicherweise auch dann, wenn die Eltern gar nicht versuchen, das Kind auf die eigene Seite zu ziehen. Eine Trennung beeinträchtigt immer auch das Selbstbewusstsein der Kinder. Zum einen durch die Konflikte der Eltern und den damit verbundenen Ängsten, aber auch weil vor allem die Väter sich aus der Erziehung zurückziehen – auch dies betrifft erstaunlicherweise mehr die Väter, die in konfliktreichen Beziehungen verbleiben, als die Väter, die sich getrennt hatten. Erstere wenden sich häufig von den Schwierigkeiten zu Hause ab und dem Beruf zu.

 

Hauptsache, du verlässt mich nicht!

Kinder wollen möglichst beide Elternteile um sich haben, keine Frage. Trotz allem können sie es gut verkraften, nur mit einem Elternteil zu leben. Bedingung hierfür ist allerdings, dass die emotionalen Bedürfnisse des Kindes befriedigt werden und es sich nicht verlassen fühlt – diese Verlassenheitsgefühle können sowohl auftreten, wenn ein Elternteil verschwindet, aber auch bei einem emotionalen Rückzug, wie er auch dann häufig auftritt, wenn die Eltern in der Beziehung bleiben. Auch und gerade bei einer Trennung muss die Erziehung nach wie vor gemeinsam stattfinden, denn: Eltern bleibt man ein Leben lang, aus dieser Verantwortung darf man sich nicht heraus stehlen. Der Vertrauensverlust, den das Kind in so einem Fall erleidet ist immens und kann dazu führen, dass es selbst unfähig wird, eine vertrauensvolle Partnerschaft einzugehen.

 

Was Eltern tun können

Wie Sie mit Ihrem Kind im Rahmen der Trennung umgehen, hängt von verschiedenen Aspekten ab. Ganz entscheidend ist das Alter des Kindes, aber auch die Art und Weise, wie Sie bis jetzt Ihr Kind gemeinsam mit Ihrer Partnerin erzogen haben, spielt eine Rolle. Waren Sie ohnehin „nur“ ein Wochenendpapa, dann sehen Kinder die Trennung oft sogar als Gewinn, da sie nun mehr von ihrem Vater haben. Haben Sie sich bisher in großen Teilen um Ihr Kind gekümmert, wird es Sie schmerzlicher vermissen. Das Alter der Kinder spielt insofern eine Rolle, als die Empfindlichkeit gegenüber einer Trennung der Eltern und auch die Fähigkeit zu verstehen, was da gerade passiert, sich mit der Entwicklung verändern:

  • Säuglinge brauchen in erster Linie eine konstante Betreuung von möglichst einer festen Bezugsperson und eine vertraute Umgebung. Der andere Elternteil sollte das Kind in dieser Umgebung so oft wie möglich besuchen, um eine Bindung aufzubauen.
  • Im Alter von ein bis drei Jahren sind Kinder sehr trennungsempfindlich. Sie nehmen wahr, was sich verändert, sind aber noch kaum in der Lage, die neue Situation zu verstehen. Besuchen Sie Ihr Kind so oft es geht!
  • Im vierten bis fünften Lebensjahr kommen Schuldgefühle auf. Kinder brauchen Informationen und Gewissheiten, Stabilität und Regelmäßigkeit sind sehr wichtig. Sorgen Sie dafür, dass Sie Ihr Kind mindestens einmal pro Woche sehen können.
  • Zwischen sechs und neun Jahren bekommen Kinder schon sehr viel mit. Sie fühlen sich schnell hin und her gerissen, wissen nicht, zu wem sie halten sollen. Jetzt können die Wünsche der Kinder bezüglich der Besuchsregelungen mit einbezogen werden.
  • Mit dem Beginn der Pubertät kann die Trennung der Eltern dramatisch für das Kind sein. Es ist mit sich selbst nicht im Reinen und braucht sehr viel Sicherheit von Seiten der Eltern. Die Umgangsregelungen sollten mit dem Kind zusammen besprochen werden.
  • Auch fast schon erwachsene Kinder, die sich in der Ablösung von den Eltern befinden, brauchen den Kontakt. Allerdings sind hier oft die Freunde wichtiger und die Trennung wird häufig nicht mehr als so gravierend empfunden.
  • Kinder brauchen stabile Bindungen – auch und besonders in der Trennungsphase. Verlässliche Bezugspersonen, die einem Kind Nähe und Zuwendung bieten, verschaffen ihm die Sicherheit, dass es nicht verlassen wird. Und bei allem Leid, das durch die Trennung der Eltern entsteht ist es das, was wirklich zählt.

 

Ratschläge und Tipps:
http://www.uni-ulm.de/fileadmin/website_uni_ulm/zuv/zuv.dezIII.abt1/familie/pdf/Wegweiser-Trennung-Scheidung_bmfsfj.pdf

Büchertipp:
http://www.amazon.de/Gl%C3%BCckliche-Scheidungskinder-Trennungen-Kinder-fertig/dp/3492241581