Gerade in Zeiten der Veränderung und der Unsicherheit suchen Kinder nach Verlässlichkeit und Orientierung. Die Rolle des Vaters ist im Laufe der Zeit viel anspruchsvoller geworden, aber auch wichtiger. Denn Väter prägen das Männerbild ihrer Kinder und formen durch ihr Vorbild nachhaltig deren Werte und Einstellungen. In einer komplexen Welt legen Väter so die Basis dafür, dass ihre Kinder sich zutrauen, ihr Leben selbst zu meistern.
Väter – nie waren sie für Kinder so wichtig wie heute
Das Leben ist sicher komplizierter geworden in den letzten 50 Jahren. Es gab viele Veränderungen, die man sich damals gar nicht vorstellen konnte. Das Leben ist schneller geworden, es gibt für den Einzelnen viel mehr Möglichkeiten zur Entfaltung, aber auch mehr Unsicherheiten.
Es hat sich viel getan in den letzten Jahrzehnten – ganz besonders in den Familien
Auch das Leben in den Familien hat sich stark gewandelt. In der Nachkriegszeit galt lange noch die klassische Rollenteilung – die Mutter kümmerte sich um die Kinder, der Vater verdiente das Geld für die Familie. Der Vater war lange abwesend – 6 Tage die Woche bei langen Arbeitstagen – und tagsüber auch nur in Ausnahmefällen erreichbar. Mit der Erziehung der Kinder hatte er daher meist sehr wenig zu tun. Er wurde als Patriarch respektiert und aus der Ferne bewundert, er war unangreifbar und oft auch unnahbar. In der Erziehung war er oft fürs Bestrafen der Kinder zuständig. Das geflügelte Wort „warte nur, bis Vater nach Hause kommt“ war weit verbreitet.
Seitdem hat sich – zum Glück – vieles im Familien- und meist auch Arbeitsleben verändert. Väter nehmen weit mehr am Familienleben teil als früher – weil sie es zeitlich können und weil sie es wollen. Die klassische Rollenaufteilung zwischen Mann und Frau wird in vielen Partnerschaften so nicht mehr gelebt. Väter sind weit mehr in die Erziehung der Kinder eingebunden als früher – eine Bereicherung für Kinder und Väter.
Väter müssen eine neue Rolle ausfüllen – unter ständiger Beobachtung
Die neue Vaterrolle ist sehr komplex mit allen Anforderungen, die Partnerin, Kinder, Arbeitgeber und auch die Gesellschaft stellen. Die Männer als Ganzes mussten sich zunächst erst einmal in ihr zurechtfinden – und tun das zum Teil noch immer. Von Männern wird erwartet, dass sie sich deutlich mehr in die Familie einbringen und dabei ihre bisherigen Aufgaben als „Geldverdiener“ weiter erfüllen. Sie sollen Nähe zulassen, Schwächen und Gefühle zeigen, ohne sich als Mann dabei aufzugeben. Wenn die Ausgestaltung dieser neuen Männerrolle für jeden Einzelnen nicht an sich schon eine große Herausforderung wäre – das Ganze findet unter genauer Beobachtung statt.
Für ihre Kinder sind Väter DAS Vorbild, wie ein Mann zu sein hat, sie prägen das Männerbild von Jungen und Mädchen nachhaltig. Für Mädchen ist der Vater der erste Mann in ihrem Leben und formt maßgeblich ihre Erwartungen an einen künftigen Partner. Für Jungen ist der Vater derjenige, der ihnen die eigene Geschlechterrolle vorlebt – und dient damit als Vorbild wie Reibungsfläche.
Kinder beobachten aufmerksam, wie ihr Vater seine Rolle ausfüllt. Wie er mit ihnen selbst umgeht, wie mit der Partnerin, wie mit Freunden und wie mit Fremden. Ist er für seine Kinder da, kümmert er sich, hat er Geduld und tröstet er, ist er zärtlich, lässt er Gefühle zu? Wie wichtig ist er sich selbst? Kann er über sich lachen? Wie geht der Vater mit Widrigkeiten um – geht er Konflikten aus dem Wege, wird er laut oder sucht er nach einer konstruktiven Lösung? Wie leben Vater und Mutter ihre Partnerschaft – wie ist die Aufgabenverteilung, wie liebevoll gehen sie miteinander um und wie lösen sie Meinungsverschiedenheiten? Was ist dem Vater wichtig, welche Werte vertritt er? Hat er Freude am Leben, geht er optimistisch durch die Welt? Ist er Veränderungen gegenüber positiv eingestellt oder reagiert er ablehnend oder gar ängstlich? Ermutigt er seine Kinder, macht er ihnen Hoffnung, dass sie das, was sie sich vornehmen, auch erreichen können? Und lebt er ihnen das, was er predigt, auch vor? Ihre Kinder beobachten Sie als Vater und werden sich in unsicheren Zeiten an Ihrem Vorbild orientieren.
Wer soll die Männerrolle vorleben, wenn nicht der Vater?
Kinder profitieren sehr von der Zeit, die sich Väter für sie nehmen, das haben zahlreiche Studien ergeben. Im Idealfall ergänzen sich die verschiedenen Persönlichkeiten und Herangehensweisen von Vater und Mutter zu einem komplexen Bild, durch das Kinder früh lernen, dass Männer und Frauen zwar unterschiedlich, aber in ihrer Verschiedenheit interessant und liebenswert sind.
Wo sollen Jungen und Mädchen sonst erfahren, was einen Mann ausmacht, wenn nicht durch den Vater? In der Kinderkrippe, im Kindergarten und auch der Grundschule werden sie fast ausschließlich mit Erzieherinnen konfrontiert. Verhaltensweisen, die man früher als „typisch männlich“ ansah, wie das kindliche Raufen oder wilde Spiele werden häufig unterdrückt. Ob dies aus Besorgnis oder praktischen Erwägungen geschieht – es sei zumindest in Frage gestellt, ob diese von Sorge bestimmte Erziehung in allen Fällen zu einer gesunden Entwicklung beiträgt.
Daher ist es für Kinder gerade in diesen von tiefen und schnellen Veränderungen geprägten Zeiten wichtig, dass sie neben der Mutter auch einen Vater haben, der für sie da ist und sie umsorgt, der alternative Herangehensweisen aufzeigt, der seinen Kindern einen Rückhalt bietet und die Sicherheit und das Selbstvertrauen schenkt, ihr eigenes Leben zu meistern.
Sicher eine anspruchsvolle Aufgabe, die angesichts der Veränderungen, die uns oft selbst Respekt einflößen, zu einer echten Herausforderung wird. Eine Aufgabe, die den ganzen Mann fordert. So schwierig sie auch sein mag – wer sollte diese Rolle für Kinder ausfüllen, wenn nicht der eigene Vater?