Danebenzustehen, wenn Kinder neue Dinge ausprobieren, fällt vielen Eltern nicht leicht – und dafür gibt es gute Gründe. Viele Eltern wollen ihre Kinder und sich selbst vor Misserfolgen und Unfällen schützen. Dabei wissen sie jedoch meist auch, dass das eigentlich keine Lösung ist.
Kinder Dinge selbst tun lassen – einfacher gesagt als getan
Ab einem bestimmten Punkt wollen Kinder Dinge selbst tun – ob sie dazu schon in der Lage sind oder nicht. Dabei legen sie ein erstaunliches Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen an den Tag. Dem muss man als Eltern immer wieder Respekt zollen. Die meisten Erwachsenen würden viel früher aufgeben. Nicht so unsere Kids.
Vielen Eltern fällt es nicht leicht, ihre Kinder Dinge selbst tun zu lassen
Eltern sollten ihre Kinder bei der Erkundung ihrer Welt und der Entdeckung ihrer neuen Fähigkeiten unterstützen, ermutigen, loben und trösten, wenn es mal nicht so klappt wie erhofft. Allerdings fällt das Eltern nicht immer leicht. Gerne nehmen sie ihren Kindern Dinge ab – und das hat seine Gründe.
Wenn kleine Kinder neue Dinge ausprobieren
- kann das gefährlich sein (klettern, Treppen steigen, schneiden etc.) – und die Eltern wollen ihre Kids vor möglichen Schmerzen und Unfällen schützen
- können Dinge kaputt gehen
- kann das eine große Sauerei geben – beim Essen zum Beispiel
- dauert es zum Teil ewig – beim Anziehen oder anfangs bei der Fortbewegung – und die Eltern haben gerade nicht die Zeit dafür
- kommt es häufig zu Frust beim Kind, den Eltern sich und ihrem Kind gerne ersparen wollen.
Wohl jedes Elternteil kann diese Gründe nachvollziehen und hat seinem Kind daher die eine oder andere Sache abgenommen oder es gestoppt, bevor die Gefahr/Sauerei/Warterei/Wut ihren Anfang nahm. Das ist verständlich, das ist menschlich, in vielen Situationen sogar vernünftig. Aber langfristig ist das keine Alternative – und das wissen wir alle selbst.
Durch Ausprobieren und Scheitern lernen Kinder
Denn Kinder lernen durch beständiges Ausprobieren, scheitern und noch einmal probieren – so lange, bis es irgendwann klappt. Das ist für Eltern oft anstrengend und frustrierend anzusehen und zu erdulden. Vor allem, wenn absehbar ist, dass das Kind noch scheitern wird und die Eltern trösten dürfen – und eventuell wegwischen oder wegwerfen.
Was ist also der richtige Weg? Von Maria Montessori, gibt es den Spruch: „Hilf mir, es selbst zu tun. Zeig mir, wie es geht. Tu es nicht für mich, ich kann und will es allein tun. Hab Geduld, meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht enger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Mute mir auch Fehler zu, denn aus ihnen kann ich lernen.“ Das ist das Ideal, nach dem alle Eltern streben sollten. Das immer durchzuziehen ist nicht ganz so einfach.
Ein paar Tipps, wie es leichter wird, Kinder Dinge selbst tun zu lassen:
- Schaffen Sie die richtige Umgebung für die Versuche Ihres Kindes. Sorgen Sie dafür, dass das Versuchsumfeld sicher ist – für das Kind und den Haushalt - und bleiben Sie aufmerksam bei Ihrem Kind.
- Überlegen Sie, ob es zum Erreichen des großen Ziels Zwischenschritte geben kann, bei denen Ihr Kind sicher ein Erfolgserlebnis erreichen kann. Beispiel: wenn das Kind schneiden lernen will, dann erst mit einem Schneidespiel und dann mit einem stumpfen Messer. Essen erst mit etwas, was vielleicht nicht maximal kleckert etc.
- Helfen Sie Ihrem Kind etwas, wenn es nicht gleich klappt. Führen Sie zum Beispiel seine Hand, wenn es anfangs das Essen mit der Gabel noch nicht aufspießen kann.
- Warten Sie den richtigen Zeitpunkt ab. Es ist okay, Ihr Kind vor Versuchen zu schützen, bei denen es nur scheitern kann und die möglicherweise gefährlich sind. Aber unterschätzen Sie Ihr Kind nicht – und eine kleine Beule beim Lernen ist auch nicht schlimm.
- Nehmen Sie sich Zeit. Kinder haben meist ein großes Frustrationspotential beim Ausprobieren neuer Dinge. Wenn sie schnell ungeduldig werden, dann lernen sie das oft von ihren Eltern – und das ist beim Erlernen neuer Fähigkeiten nicht produktiv.
- Versuchen Sie, gelassen zu bleiben. Wenn Ihr Kind sich nicht ernsthaft wehtut, dann ist alles im Rahmen. Kleidung lässt sich waschen, die meisten kaputten Dinge ersetzen und der Frust des Kindes geht auch vorüber. Geben sie Ihrem Kind den Raum und die Zeit, die es braucht.
- Ermutigen Sie Ihr Kind, loben Sie es, feuern Sie es an und geben Sie ihm Rückhalt und Trost, wenn es nicht klappt. Sie sind der beste Coach Ihres Kindes, sein größter Fan und sein Ort der Sicherheit. Wenn sich Ihr Kind dessen sicher ist, wird es das Gefühl haben, die Welt erobern zu können.
Es ist wichtig für Kinder, das Gefühl zu bekommen, Dinge selbst tun und regeln zu können. Dieses Bewusstsein nennt man Selbstwirksamkeit – und gibt Menschen idealerweise das ganze Leben hindurch Halt und Selbstbewusstsein.
Eltern können ihrem Kind also viel Gutes tun, indem sie es einfach Dinge selbst tun lassen – wenn es manchmal auch schwer fallen mag.