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Erwartungen von Eltern an ihr Kind – was, wenn diese enttäuscht werden?

Eltern setzen schon früh Erwartungen und Hoffnungen in ihre Kinder – wie ihre Kinder sein sollen, was sie können oder erreichen sollen. Aber häufig werden diese Hoffnungen enttäuscht – und das liegt meist nicht an den Kindern.

Schon während der Schwangerschaft malen sich die meisten werdenden Eltern aus Vorfreude ein Bild von ihrem Kind – wie es aussehen oder wie es sein wird, welche Talente und Interessen es haben wird. Dabei projezieren Eltern schon in dieser frühen Phase Erwartungen in ihre Kinder. Das ist ganz natürlich und verständlich, aber nicht immer hilfreich. Denn was, wenn die Kinder diese Hoffnungen später nicht erfüllen? In diesem Fall kann es sein, dass Eltern von ihrem Kind enttäuscht sein werden – und das, ohne dass das Kind selbst etwas dafür kann.

 

Wie werden wir zu dem, der wir sind?

Alle Menschen sind Produkte ihrer Gene, ihrer Erziehung, von Umwelteinflüssen und später auch eigenen Entscheidungen. Wie groß der Einfluss welches Faktors ist, dazu gibt es noch keine endgültigen Forschungsergebnisse.

Die körperlichen Voraussetzungen sind angeboren und auch mit den Anlagen für das künftige Temperament kommen Kinder schon auf die Welt. Eltern von mehr als einem Kind wundern sich oft darüber, wie sehr sich Geschwister unterscheiden, obwohl sie doch scheinbar Gene, Erziehung und Umwelt teilen. Aber es ist eben so, dass gleiche Einflüsse auf verschiedene Menschen unterschiedliche Wirkung haben. Ein Kind findet den ersten Kontakt mit fremden Menschen spannend, das andere hat Angst. Neben dem Temperament und dem Alter spielt bei solchen Erlebnissen auch die „Tagesform“ eine Rolle – und diese Erfahrungen können für ein Kind prägend sein.

Der Einfluss der Eltern ist groß

Unzweifelhaft haben aber die Eltern einen großen Einfluss auf ein Kind – durch ihre Gene, ihre Erziehung und die Erlebnisse, die Kinder durch und mit ihren Eltern in den in vieler Hinsicht prägenden frühen Jahren haben. Aber ein Kind ganz nach den eigenen Vorstellungen zu formen, das klappt in vielen Fällen eben nicht.

Wenn Eltern tatsächlich in ihren Erwartungen an ihr Kind enttäuscht werden, dann haben sie in den meisten Fällen einfach andere Hoffnungen in ihr Kind gesetzt – oder aber zu hohe.

Wenn Ihr Kind sich trotz aller Unterstützung vielleicht nicht zu der Sportkanone oder dem Konzertpianisten entwickelt, die Sie sich gewünscht haben, dann liegt das eventuell auch nicht an zu geringen Bemühungen seitens des Kindes, sondern vielleicht an dem letzten bisschen Talent, das fehlt. Vielleicht haben Sie als Eltern ihm das nicht mitgegeben und das Kind selbst wird aus diesem Grund den Weg in die Spitze nicht schaffen können.

Auch, wenn Ihr Kind nicht so konzentriert, gehorsam oder lebhaft und kontaktfreudig ist, wie Sie sich als Eltern das wünschen, liegt das häufig an Ihren Genen oder den Einflüssen, die Sie ihrem Kind durch Ihre Erziehung, Ihr Vorbild oder seine Lebens-Umgebung geboten haben.

Wenn Ihr Kind sich nicht so verhält, wie Sie es sich wünschen – etwa nicht so gehorsam ist – dann kann das viele Gründe haben: ein sehr lebhaftes Kind ist vielleicht nicht ausgelastet und daher rebellisch, Ihr Nachwuchs hat von Natur aus einfach einen rebellischen Charakter oder Ihnen als Eltern ist es nicht gelungen, Ihrem Kind zu vermitteln, warum es auf Sie hören soll.

Wenn ein Kind in der Schule nicht so gut ist ist, wie es sein könnte (oder nach Meinung der Eltern sein sollte), könnte das an fehlender Motivation liegen. Vielleicht kommt es mit den Lehrern und ihrer Wissensvermittlung nicht klar oder den Mitschülern. Vielleicht hat das Kind auch einfach nicht verstanden, warum es sich lohnt, Zeit und Mühen in die Schule zu investieren. Nicht für die Eltern, sondern für die eigene Zukunft. Hier können Eltern ihren Kindern zeigen, was man denn mit einem Abschluss später machen kann - und was ohne einen solchen nicht möglich ist.

Was tun, wenn Kinder sich nicht so entwickeln, wie man sich das erträumt hat?

Druck ist in der Erziehung von Kindern in den meisten Fällen kontraproduktiv. Er ist auch nur dann angebracht, wenn Kinder Gefahr laufen, sich ihr eigenes Leben frühzeitig selbst zu verbauen – durch Kriminalität etwa. Wenn Eltern zu viel Druck aufbauen, ist es möglich, dass ein Kind - auch bei Aktivitäten, die ihm bisher viel Freude bereitet haben - die Lust verliert und fortan blockiert.

Wenn Kinder jedoch nicht die Talente, Interessen oder Eigenschaften entwickeln, die sich Eltern erwünscht hätten, ist das für die Eltern selbst vielleicht schade, aber erst einmal nicht wirklich schlimm und kommt auch häufig vor. Liebende Eltern sollten ihre Kinder dabei unterstützen, ihre eigenen Fähigkeiten und Interessen zu entdecken und zu entfalten. Ein guter Anfang ist es, das eigene Kind als eigene Persönlichkeit zu akzeptieren. So wie es ist, mit all seinen Schwächen, aber auch seinen Stärken. Wer weiß - vielleicht überrascht Ihr Kind Sie mit Fähigkeiten auf unerwarteten Gebieten. Kinder, die keine Sportskanonen sind, glänzen eventuell in Naturwissenschaften, im musischen Bereich oder beim Programmieren.

Was ist am Ende wichtig?

Ab einem gewissen Punkt wird jedes Kind SEIN Leben leben müssen und nicht das der Eltern. Wollen wir nicht alle glückliche Kinder, die mit sich im Reinen sind und selbstbewusst ins Leben gehen?

Wenn ein Kind nicht das Talent oder den Biss hat, ein Profisportler oder professioneller Musiker zu werden, dann ist dies eben nicht seine Berufung. Wenn ein Kind aber die Freude an der Bewegung oder die Liebe am Musizieren für den Rest seines Lebens behält, dann haben Eltern ihrem Nachwuchs etwas Schönes mit auf den Weg gegeben.